Zu einer interessanten und noch nicht höchstrichterlich entschiedenen Konstellation sind in den letzten Jahren gleich mehrere divergierende obergerichtliche Entscheidungen ergangen: die Anfechtung einer fehlgeschlagenen lenkenden Ausschlagung.
Unabhängig von der dogmatischen Raffinesse und dem Ausflug in den altbekannten Allgemeinen Teil des BGB erinnert nicht zuletzt der hier besprochene Beschluss des OLG Frankfurt – wie auch die anderen hierzu ergangenen Entscheidungen – auch an die besonderen Tücken im Zusammenhang mit der gesteuerten taktischen Ausschlagung als erbrechtliches Gestaltungsmittel.
a) Die Entscheidung
Der zur prononcierteren Darstellung des Praxisproblems stark vereinfachte Sachverhalt lautete wie folgt:
Der Erblasser setzte mit seiner Ehegattin ein gemeinschaftliches Testament auf, in dem sich beide Eheleute gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.
Nach dem Tod des Erblassers erklärte die Witwe und eines von zwei Kindern die Ausschlagung der Erbschaft. Die Ehefrau gab dabei als weitere Erben die beiden Kinder an. Ziel ihrer Ausschlagungserklärung, das jedoch nicht in die Ausschlagungserklärung aufgenommen war, war es dabei, dass das nicht ausschlagende Kind Alleinerbin nach dem Erblasser werden sollte.
Allerdings besaß das ausschlagende Kind selbst noch ein Kind, das entsprechend neben dem nicht ausschlagenden Kind im Erbschein zu ½ als Erbe ausgewiesen wurde.
Hieraufhin erklärte die Witwe die Anfechtung der Ausschlagung. Sie wendete ein, sie hätte mit ihrer Erbausschlagung erreichen wollen, dass das nicht ausschlagende Kind Alleinerbin werde, nachdem das weitere Kind die Erbschaft ausgeschlagen habe. Der Notar habe ihr nicht erklärt, dass ihr Enkelkind an die Stelle des ausschlagenden Kindes treten würde, dies habe sie nicht gewusst.
Das OLG Frankfurt entschied, dass vorliegend keine Anfechtung erfolgen könne. Es fehle an einem Anfechtungsgrund. Zwar stelle bei einer sog. "lenkenden Ausschlagung" der Irrtum über die Person des nächstberufenen Erben grundsätzlich einen beachtlichen Rechtsfolgenirrtum in Form eines erheblichen Inhaltsirrtum dar. Dies gelte jedoch nur dann, wenn der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeuge, sondern solche, die sich davon unterscheiden. Ein derartiger Rechtsirrtum berechtige dabei nur dann zur Anfechtung, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Dagegen sei der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher oder mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum.
In der hier vorliegenden Konstellation habe sich die Witwe indes bei ihrer Ausschlagungserklärung nicht über die Person des nächstberufenen Erben geirrt, denn ihr sei bewusst gewesen, dass durch ihre Ausschlagung die beiden Kinder Erben würden, wie dies auch in der Ausschlagungserklärung zutreffend angegeben wurde. Diese Rechtsfolge sei von ihr gewollt und beabsichtigt gewesen. Der "weitere" Irrtum dahingehend, dass nach der weiteren Ausschlagung des einen Kindes das andere Kind Alleinerbe sei, sei demgegenüber nur eine mittelbare Folge der Ausschlagungserklärung des betreffenden Kindes. Eine solche mittelbare Rechtsfolge führe bei der "Erstausschlagenden" nicht zu einem beachtlichen Rechtsfolgenirrtum, sondern stelle nur einen unbeachtlichen Motivirrtum dar.
b) Folgerungen für die Praxis
Die Entscheidung lehrt und erinnert daran, dass in der Praxis bei den lenkenden Ausschlagungen ein besonderes Augenmerk auf eine "bombensichere" Subsumtion gelegt werden sollte. Ob insbesondere bei eine...