1. Die Antragstellerin und Herr … sind im oben aufgeführten Grundbuch Bl. XXX als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen; in Bl. XXX sind sie als Eigentümer in Erbengemeinschaft zu ¼ Anteil eingetragen.
In einer schriftlichen, beglaubigten Erklärung vom 15.9.2022 bzw. vom 29.10.2022 haben beide unter Bezugnahme einer zwischen ihnen geschlossenen Abschichtungsvereinbarung vom 31.8.2022/9.9.2022 die Eintragung der Beteiligten als Alleineigentümerin in Bezug auf den vorbezeichneten Grundbesitz bzw. den vorbezeichneten ¼ Anteil bewilligt; in demselben Schriftstück hat die Beteiligte die entsprechenden Eintragungen im Wege einer Grundbuchberichtigung beantragt.
Den Antrag hat der Grundbuchrechtspfleger mit Beschl. v. 23.11.2022 im Wege der Zwischenverfügung beanstandet, da es zum Vollzug des Antrags der Vorlage einer Grunderwerbssteuer-Unbedenklichkeitsbescheinigung bedürfe. Die Prüfung, ob es sich um einen grunderwerbssteuerfreien Vorgang handele, obliege dem Finanzamt. Zur Behebung des Hindernisses hat er eine Frist bis zum 23.1.2023 gesetzt.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Beteiligte im Wesentlichen geltend, die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung sei entbehrlich, weil die vorliegende Abschichtung als Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses gem. § 3 Nr. 3 GrEStG nicht grundsteuerpflichtig sei. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschl. v. 29.12.2022 nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem OLG vorgelegt.
2. Die gem. § 71 Abs. 1 GBO statthafte Grundbuchbeschwerde ist nicht begründet, weil das Grundbuchamt durch die angefochtene Zwischenverfügung mit Recht die Vorlage einer Grunderwerbssteuer-Unbedenklichkeitsbescheinigung verlangt hat.
Gem. § 22 Abs. 1 S. 1 GrEstG darf der Erwerber eines Grundstücks in das Grundbuch erst dann eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des für die Besteuerung zuständigen Finanzamts vorgelegt wird oder Bescheinigungen der für die Besteuerung zuständigen Finanzämter vorgelegt werden, dass der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen. Dies bedeutet, dass § 22 GrEStG alle grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgänge umfasst, nicht nur solche rechtsbegründender Art, sondern auch nur berichtigende Eintragungen einer Eigentumsänderung. Dabei ist es unerheblich, ob der Erwerber das Eigentum am Grundstück durch Rechtsgeschäft, kraft Gesetzes oder durch Ausspruch einer Behörde oder eines Gerichts erlangt. Insbesondere ist es unwesentlich, ob der Erwerbsvorgang grunderwerbsteuerpflichtig oder ob Steuerfreiheit gegeben ist. Ob nach dem einschlägigen Steuerrecht im Einzelfall eine Grunderwerbsteuer angefallen ist oder ob Steuerfreiheit besteht, muss das Grundbuchamt der Prüfung und Entscheidung der Finanzbehörde überlassen, auch dann, wenn der Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs stattgefunden hat. Das Grundbuchamt hat allerdings in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob ein dem Grunderwerbssteuergesetz unterfallender Vorgang überhaupt gegeben ist. Kommt es zu dem eindeutigen Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist oder dass kraft besonderer Ausnahmevorschrift keine Vorlagepflicht besteht, darf es die Eintragung nicht von der Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig machen (OLG Celle, Beschl. v. 19.5.2011 – 4 W 56/11, juris Rn 5).
Der durch den vorliegenden Abschichtungsvertrag begründete Erwerbsvorgang ist ein solcher nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, weil es sich bei der Abschichtung um einen Eigentumsübergang ohne vorausgehendes, den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft handelt und es einer Auflassung nicht bedarf. Denn der Eigentumsübergang beruht auf einer Anwachsung an den verbleibenden Miterben (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.1998 – IV ZR 346/96, juris Rn 14 ff. = BGHZ 138, 8). Ob im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der Grundsteuerpflicht nach § 3 Nr. 3 GrEStG eingreift, ist nicht vom Grundbuchamt zu prüfen; dessen Prüfungsumfang beschränkt sich auf die Frage, ob der Vorgang als solcher vom Grunderwerbssteuergesetz erfasst wird.
Eine landesrechtliche Ausnahme von der Vorlagepflicht auf der Grundlage des § 22 Abs. 1 S. 2 GrEStG greift nicht ein. Soweit es in der AV des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17.5.2011 ("Verzicht auf die Erteilung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen gemäß § 22 GrEStG") "für Grundstückserwerbe von Todes wegen (Hinweis auf § 3 ErbStG)" heißt, betrifft dies nur den der Abschichtung vorausgegangenen Eigentumsübergang auf die Erbengemeinschaft. Dass in der vorliegenden Fallkonstellation von einer Vorlagepflicht in Fällen des § 3 Nr. 3 GrEStG ausgegangen wird, ergibt sich auch daraus, dass in der AV im Weiteren ausgeführt wird, dass aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nur eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen ist
Zitat
"bei Erbauseinandersetzungen, wenn alle in der Urkunde beurkundeten Erwerbsvorgänge nach § 3 Nr. 3 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen sind, für jeweils alle Grundstücke derselben Gemarkung."
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ZEr...