Die klassische Ausgestaltung des Behinderten-/Bedürftigentestaments erfolgt in der Form der Erbschaftslösung. Die klassische Gestaltungstrias eines solchen Testaments in der Form der Erbschaftslösung besteht aus

der nicht befreiten Vor- und Nacherbschaft oberhalb des Pflichtteilsanspruchs,
der Dauertestamentsvollstreckung (§ 2209 BGB) und
den Verwaltungsanordnungen des Erblassers (§ 2216 Abs. 2 BGB).

Bei der nicht befreiten Vorerbschaft stehen dem Vorerben die ordnungsgemäß gezogenen Nutzungen des Nachlasses zu (§§ 2111, 2133, 100 BGB). Mehr nicht. Die Substanz muss für den Nacherben erhalten bleiben.

Nutzungen sind Sach- oder Rechtsfrüchte (§§ 100, 99 BGB). Diese stellen aber nicht die "Erbschaft", sondern die daraus wiederkehrenden Einkünfte dar. Dazu hat die sozialgerichtliche Rechtsprechung entschieden, dass "Früchte" sozialhilferechtlich grundsätzlich Einkommen und nicht Vermögen sind, wenn sie erstmals nach Beantragung der Sozialleistung zu einem Wertzuwachs geführt haben, auch wenn es sich bei dem verzinsten Kapital um Schonvermögen handelt.[51]

Die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Bürgergeld (Bürgergeld-Verordnung – Bürgergeld-VO) sieht "Früchte", wie z.B. Einkünfte aus Kapitalvermögen, als Einnahmen i.S.d. Gesetzes an und nicht als Vermögen. So regelt das auch die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII für die Sozialhilfe in den §§ 6 ff. SGB XII.

Ergebnis: Der Testamentsvollstrecker, der die Nutzungen einer Erbschaft herausgibt, muss weiterhin davon ausgehen, dass er Einkommen im Sinne des jeweiligen Gesetzes herausgibt, das nur dann nicht eingesetzt werden muss, wenn es nicht versilbert werden kann, also zur Bedarfsdeckung nicht zur Verfügung steht. Die Neuregelung im Bürgergeldgesetz verändert für den Begünstigten eines Bedürftigen- oder Behindertentestaments in der Form der Erbschaftslösung insofern nichts. Regelhafte Zuflüsse, die mehr als den monatlichen Bedarf abdecken, werden allerdings mit ihrem unverbrauchten Teil im SGB II und XII Vermögen und können dort geschützt sein. In der Eingliederungshilfe dürfte der Betrag für eine Kostenbeteiligung durch Früchte des Nachlasses aber ohnehin nie erreicht werden.

[51] Vgl. hierzu ausführlich Doering-Striening, § 11 Rn 65 ff. m.w.N.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge