Mit der Klage macht die Klägerin die Erbunwürdigkeit der Beklagten, ihrer Schwester, nach der verstorbenen Mutter geltend.

Am 25.11.2021 verstarb mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in … (im Folgenden Erblasserin genannt). Sie war am … geboren. Aus der Ehe mit dem am 15.1.2019 vorverstorbenen Ehemann … , dem Vater der Parteien, sind drei Kinder hervorgegangen, nämlich:

die Beklagte, geboren am …
die Klägerin, geboren am …

Gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Ehemann verfasste die Erblasserin am 232.2013 ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament, geschrieben von der Erblasserin und unterzeichnet von dieser und ihrem vorverstorbenen Ehemann, welches folgenden Inhalt hat:

Zitat

"Wir setzen uns gegenseitig zum alleinigen Erben unseres gesamten Nachlasses ein. Unsere Kinder können ihren Vermächtnisanspruch erst nach unserem Tod geltend machen. Falls eines unserer Kinder nach dem Tode eines Elternteils seinen Pflichtteil geltend macht, bekommt es auch beim Tod des zweiten Elternteils kein Erbe."

Am 30.11.2021 übergab die Beklagte dem AG – Nachlassgericht – Fritzlar einen verschlossenen Umschlag, beschriftet mit dem Wort "Testament", in welchem sich ein von der Beklagten geschriebener Text, bezeichnet als "Berliner Testament", gefertigt am 10.7.2021, befand, welches u.a. folgenden Inhalt hatte:

Zitat

"Ich … geb. am … hinterlasse meiner Tochter geb. … geb. am … mein gesamtes Vermögen Haus mit Inventar als allein Erbin."

Der weitere Test dieses Schreibens begründet diese Erbeinsetzung und gleichzeitig die Enterbung der weiteren beiden Kinder der Erblasserin. Unterzeichnet ist dieses Schriftstück in ungelenker Schrift mit dem Namen "…"

Beide "Testamente" wurden vom AG Fritzlar unter dem Aktenzeichen 2 IV 54/19 am 15.12.2021 eröffnet. Unter gleichem Datum wurden den drei Kindern der Erblasserin die Abschriften dieser "Testamente" zur Kenntnisnahme übersandt.

Am 24.1.2022 beantragt die Beklagte die Erteilung eines Alleinerbscheins nach der Erblasserin aufgrund privatschriftlichen Testaments vom 10.7.2021. Hierbei erklärte sie an Eides statt versichert, dieses "Testament" sei von der Erblasserin eigenhändig ge- und unterschrieben worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe sich durch die Beantragung des Erbscheins (zumindest des Versuchs) der mittelbaren Falschbeurkundung nach § 271 StGB schuldig gemacht. Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei deshalb erbunwürdig i.S.v. § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte wird hinsichtlich des Nachlasses der am 25.11.2021 mit letztem Wohnsitz in … verstorbenen … geborene … für erbunwürdig erklärt.

Die Beklagte beantrag,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, Erbunwürdigkeit liege nicht vor. Der Versuch einer mittelbaren Falschbeurkundung sei von § 2339 Abs. 1 BGB nicht erfasst. Auch liege keine Urkundenfälschung (§ 267 StGB) vor. Die Erblasserin habe die letzten Jahre nur im Bett gelegen und habe kaum sitzen können, sie habe aber das ursprüngliche Testament ändern und ein neues verfassen wollen, aus dem im Testament von 10.7.2021 genannten Gründen. Die Erblasserin sei der deutschen Sprache nur eingeschränkt mächtig gewesen. Die Erblasserin habe daraufhin sie, die Beklagte, gebeten, ihr das Testament vorzuschreiben, damit sie es nur abschreiben müssen. Sie, die Beklagte, habe zunächst eingewandt, dass es besser wäre, damit einen Notar zu beauftragen, dies wäre dann unproblematischer und rechtssicher. Dies sei der Erblasserin aber zu teuer gewesen und deshalb habe sie sie, die Beklagte, gebeten, ihr das Testament in Absprache mit ihr vorzuschreiben, sie werde es dann einfach abschreiben. So sei dann auch verfahren worden, wobei die Erblasserin ihr erklärt habe, was in dem Testament enthalten sein solle. Sie, die Beklagte, habe der Erblasserin dann ihren Entwurfstext überreicht und darauf hingewiesen, dass die Erblasserin es dann aber noch abschreiben müsse. Die Erblasserin habe daraufhin entgegnet, dies könne aber dauern, da es ja ganz schön viel Text sei. Nach einiger Zeit habe die Erblasserin ihr, der Beklagten, das Testament in einem verschlossenen Umschlag mit der Bitte übergeben, dies beim Nachlassgericht abzugeben. Da sie, die Beklagte, als Pflegekraft beruflich sehr eingespannt gewesen sei, zusätzlich auch noch die Erblasserin gepflegt und daher wenig Zeit gehabt habe, sei sie vor dem Tode der Erblasserin nicht mehr dazu gekommen, das Testament abzugeben. Sie habe den Umschlag dann erst nach dem Tode der Erblasserin dem Nachlassgericht übergeben, ohne vorher in den Umschlag zu schauen. Als ihr das Testament dann vom Nachlassgericht zugegangen sei, habe sie festgestellt, dass die Erblasserin das Testament doch nicht abgeschrieben, sondern nur unterschrieben habe.

(…)

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