Leitsatz
(nicht amtlich)
1. Nicht zu entscheiden hat der Senat, ob ein Aufhebungsvertrag unter § 348 FamFG fällt und überhaupt – unabhängig ob als Original oder beglaubigte Abschrift – zu eröffnen wäre.
2. Aber nach dem 2009 in Kraft getretenen § 34a Abs. S. 2 BeurkG sind sonstige notarielle Urkunden, die Erklärungen enthalten, nach deren Inhalt die Erbfolge geändert werden kann, vom Notar dem Nachlassgericht nach Eintritt des Erbfalls in beglaubigter Abschrift vorzulegen. Es gibt danach also heute eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, dass Aufhebungsverträge dem Gericht in beglaubigter Abschrift mitzuteilen sind. Wenn aber dem Gericht nur eine beglaubigte Abschrift vorzulegen ist, liegt es auf der Hand, dass allenfalls auch nur eine solche einer eventuellen Eröffnungspflicht unterliegen kann.
OLG Schleswig, Beschl. v. 8.1.2024 – 3 Wx 24/23
1 Gründe
I.
Der Erblasser schloss mit seinen drei Kindern, den Beteiligten zu 2. bis 4., am 23.7.1998 einen Erbvertrag, in dem er vertragsmäßige Verfügungen traf. Diesen hob er mit notariell beurkundetem Vertrag vom 5.6.2015 mit seinen Kindern, bei dem zwei durch das dritte Kind zunächst vollmachtlos vertreten waren, wieder auf. Die beiden vertretenen Kinder genehmigten’den Aufhebungsvertrag mit Erklärungen vom 23.6. und 5.8.2015. Nach dem Tod des Erblassers übermittelte der beschwerdeführende Notar eine beglaubigte Abschrift des Aufhebungsvertrags an das Nachlassgericht. Dieses hat den Notar erfolglos zur Vorlage des Originals aufgefordert. Das Nachlassgericht hat am 12.9.2022 ein gemeinschaftliches Testament des Erblassers und seiner Ehefrau vom 11.11.2015 sowie den Erbvertrag vom 23.7.1998 eröffnet und im Protokoll vermerkt, dass der Aufhebungsvertrag nicht habe eröffnet werden können, weil das Original nicht vorliege.
Die Beschwerdeführerin hat die Eröffnung des Aufhebungsvertrags unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Vertrags beantragt. Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat mit unter dem 10.5.2023 unterschriebenen Beschluss, der spätestens am 12.5.2023 erlassen worden ist (Erlassvermerk fehlt), festgestellt, dass der Aufhebungsvertrag nicht eröffnet werden könne, weil er nicht in Urschrift vorliege.
Gegen den Beschluss richten sich die Beschwerden beider Beschwerdeführer. Der Notar macht geltend, dass zwar Erbverträge abzuliefern seien, nicht aber ein bloßer Aufhebungsvertrag als actus contrarius, der selbst kein Erbvertrag sei. Die Beschwerdeführerin meint ebenfalls, dass keine Verpflichtung zur Eröffnung des Aufhebungsvertrags bestehe. Abzuliefern sei nur ein Erbvertrag, auch ein aufgehobener, nicht aber die Aufhebungsvereinbarung selbst.
Das Nachlassgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen.
II.
Die Entscheidung beruht auf § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG. Beide Beschwerden sind bereits unzulässig.
1. Dem beschwerdeführenden Notar fehlt es an der notwendigen Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG. Durch den feststellenden Beschluss des Nachlassgerichts, dass der Aufhebungsvertrag vom 5.6.2015 nicht eröffnet werden könne, wird er nicht in Rechten beeinträchtigt. Das ist dem Notar auch selbst bewusst, wenn er ausführt, dass der Beschluss keinen Adressaten habe. An die Feststellung des Nachlassgerichts sind zudem keine Rechtsfolgen geknüpft. Das wäre ggf. anders, wenn dem Notar durch Beschluss Zwangsmittel angedroht worden wären, um ihn zur Ablieferung der Urschrift des Aufhebungsvertrags zu veranlassen.
2. a) Die am 29.6.2023 eingelegte Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den ihr am 12.5.2023 zugestellten Beschluss ist nicht rechtzeitig eingelegt worden, worauf das Nachlassgericht im Nichtabhilfebeschluss zutreffend hingewiesen hat.
Unabhängig davon hat der Beschluss – wörtlich genommen – keinen anfechtungsfähigen Inhalt. Er beschränkt sich auf die Feststellung, dass eine dem Gericht nicht vorliegende Urkunde auch nicht eröffnet werden kann. Eröffnung meint die Inaugenscheinnahme der Urkunde und ihres Inhalts durch das Gericht. Liegt die Urkunde nicht körperlich dem Gericht vor, kann sie nicht eröffnet werden. Das ist trivial und hätte keiner besonderen Feststellung durch Beschluss bedurft. Im Hinblick auf den Antrag der Beschwerdeführerin, den Aufhebungsvertrag zu eröffnen, kann der Beschluss aber auch so ausgelegt werden, dass das Nachlassgericht deren Antrag zurückweisen wollte, die vorgelegte beglaubigte Abschrift zu eröffnen. Auch bei diesem Verständnis ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin aber nicht zulässig, weil verfristet.
b) Nicht zu entscheiden hat der Senat, ob sie – rechtzeitig eingelegt – Erfolg hätte haben können.
aa) Offen ist, ob ein Aufhebungsvertrag unter § 348 FamFG fällt und überhaupt – unabhängig ob als Original oder beglaubigte Abschrift – zu eröffnen wäre. Dagegen spricht, dass es ein Vertrag unter Lebenden ist, der eine Verfügung von Todes wegen mit unmittelbarer Wirkung nur aufhebt, selbst aber eine solche nicht enthält. Dafür könnten Zweckmäßigkeitserwägungen sprechen, gerade im Hinblick auf Grundbuchberichtigungen auch ohne Nachweis der Erbens...