Dass ältere Menschen in unserer Rechtsordnung besonderen Schutz erhalten oder auf deren Bedürfnisse zumindest Rücksicht genommen wird, beantwortet damit nicht zugleich die Frage, ob auch im Erbrecht den besonderen Bedürfnissen älterer Menschen Rechnung zu tragen ist. Es bedarf vielmehr spezifischer altersbedingter Auswirkungen auf das Erbrecht.
Neben der sich für ältere Menschen wohl häufiger oder dringlicher stellenden allgemeinen Frage der Vermögensnachfolge bedarf es weiterer spezifischer Fragen, die im Erbrecht eine Rolle spielen.
Dies können (nicht nur im Erbrecht) sein:
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die Geschäftsfähigkeit, insbesondere deren Verlust |
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bestimmte altersbedingte regelmäßig oder zumindest häufiger vorkommende Wünsche oder Vorstellungen, etwa über eine Pflege zu Hause |
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Fragen der Heimunterbringung |
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Fragen der Sicherung des geschaffenen Vermögens für den überlebenden Ehepartner oder aber die nachfolgende Generation, insbesondere im Hinblick auf den Sozialhilferegress bei Heimunterbringung. |
Die Liste lässt sich auch hier sicher noch ergänzen.
Der Gesetzgeber hat diesen Bedürfnissen teilweise mit dem jüngst im Rahmen der Erbrechtsreform wieder in den Fokus gerückten § 2057 a BGB (und dem nicht Gesetz gewordenen § 2057 b BGB-E) Rechnung tragen wollen.
Alle diese Fragen haben einen gemeinsamen Kern, es geht nämlich stets darum, dass ältere Menschen in besonderem Umfang auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder jedenfalls für die nähere Zukunft mit dem Eintritt eines solchen Zustands rechnen. Dies gilt auch für die häufig (vor allem bei vorweggenommener Erbfolge) zu beobachtende Motivation des Schutzes des Vermögens vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers. Bei der Sorge, das Vermögen könne durch Heim- und Pflegekosten verbraucht werden, geht es schließlich um die Kosten der befürchteten Hilflosigkeit.
Diese spezifischen Fragen treten angesichts der demografischen Entwicklung immer mehr in den Vordergrund. Umgekehrt stellen sich derartige Fragen bei jüngeren Menschen seltener, hier geht es um die Absicherung des Partners, die Fortführung des Unternehmens bei Versterben des Inhabers, den Schutz des Kindes vor dem Zugriff auf das Vermögen durch den geschiedenen Ehepartner und viele andere Fragen, selten jedoch um zukünftig zu erwartende Heimkosten oder über die Übernahme der Pflege durch einen Angehörigen. Diese Fragen werden in der Praxis der Notare und Rechtsanwälte täglich aufgeworfen, ihnen wird aber meist durch lebzeitige Übertragungen und Vorsorge- und Patientenverfügungen begegnet. Dies mag auch einer der Gründe sein, warum in der Frage der Gestaltung letztwilliger Verfügungen diese Problematik seltener aufgegriffen wird.