Grundsätzliches zum dogmatischen Verhältnis der Freibeträge nach den §§ 3 Nr. 26, 26 a, 26 b EStG und zur Besteuerung von Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher rechtlicher Betreuer – Änderung der Rechtslage zum 1.1.2011
Einführung
Die ehrenamtliche rechtliche Betreuung von hilfsbedürftigen Personen ist sowohl im Hinblick auf die emotional-menschlichen Aspekte der oftmals persönlich geprägten Beziehung zwischen Betreuer und Betreuten als auch unter finanziellen Aspekten hinsichtlich der niedrigeren Betreuungskosten von großer Bedeutung. Im Jahr 2009 wurden in ca. 240.000 Verfahren über die Erstbestellung eines Betreuers in rund 2/3 der Fälle ehrenamtliche Betreuer eingesetzt. In einer Gesellschaft, die sich in einem demografischen Wandel befindet, wird die Zahl der Personen, die einer Betreuung bedürfen, stetig steigen. Wünschenswert ist es deshalb, dass auch die Zahl der ehrenamtlichen Betreuer gleichfalls weiter zunimmt. Dazu bedarf es jedoch gesetzlicher Regelungen, die ein solches Engagement fördern und bürokratische Hemmnisse abbauen. Dieser Beitrag setzt sich mit der Berücksichtigung von Aufwandsentschädigungen an ehrenamtliche rechtliche Betreuer im Einkommensteuerrecht – insbesondere unter Berücksichtigung der zum 1.1.2011 eingetretenen Änderung der Rechtslage – auseinander. In diesem Rahmen erfolgt auch eine Abgrenzung von ehrenamtlicher und hauptberuflicher Betreuungstätigkeit, insofern als dieser Aspekt noch nicht abschließend geklärt wurde.
A. Einleitung
Steuern zahlt der Bürger bekanntlich von der Wiege bis zur Bahre. Doch gilt dies auch für Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit, bei deren Aufnahme soziale Erwägungen das Gewinnstreben überwiegen? Wo liegt die Grenze zwischen ehrenamtlicher und hauptberuflicher Betreuungstätigkeit? Sind Aufwandsentschädigungen, die ehrenamtlichen rechtlichen Betreuern als Ersatzleistungen für berufliche Ausgaben, Verdienstaufwendungen und Zeitverlust gezahlt werden und sie somit für Aufwand, den sie im Interesse eines Dritten erbracht haben, entschädigen sollen, überhaupt steuerbar und steuerpflichtig? Diese Aspekte sollen im Folgenden näher betrachtet werden.
B. Steuerbarkeit der Aufwandsentschädigungen
Damit Aufwandsentschädigungen steuerbar sind, müssen sie sich einer der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten zuordnen lassen. Dies kann im Hinblick auf ehrenamtliche rechtliche Betreuer jedoch zweifelhaft sein, insofern als es an der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht mangeln könnte. Ein weiteres Problemfeld stellt die Einkünftequalifikation dar, die bisher nicht abschließend geklärt wurde.
I. Abgrenzung ehrenamtlicher und berufsmäßiger Betreuung
Das Bild des Ehrenamtes wird durch die Merkmale der Unentgeltlichkeit, der Freiwilligkeit sowie der Gemeinwohlorientierung geprägt. Auch die ehrenamtliche rechtliche Betreuung als gesetzlicher Regelfall (vgl. § 1897 Abs. 6 BGB) erfüllt diese Kriterien, da kein Zwang besteht, eine Betreuungstätigkeit gegen den eigenen Willen auszuüben, und sie dem Gemeinwohl dahingehend dient, dass sie teils fremde hilfsbedürftige Personen unterstützt und den Staatshaushalt erheblich entlastet. Es schadet dabei nicht, dass der ehrenamtliche Betreuer gegenüber dem Betreuten bzw. der Staatskasse gem. den §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1835 BGB einen Anspruch auf Aufwendungsersatz oder gem. den §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1835 a BGB iVm § 22 JVEG auf eine pauschale Aufwandsentschädigung iHv 323 EUR pro Betreutem pro Jahr hat, insofern als diese Zahlungen in erster Linie den entstandenen Mehraufwand abgelten sollen. Lediglich insoweit die Pauschale die tatsächlichen Aufwendungen übersteigt, dient sie als finanzieller Ausgleich für den Arbeits- und Zeitaufwand und hat somit eine (versteckte) Vergütungsfunktion. Trotz allem kann sie nicht als äquivalente Gegenleistung in Form einer Vergütung angesehen werden und spricht somit nicht gegen die generelle Unentgeltlichkeit der Tätigkeit.
Berufsbetreuer, die grundsätzlich erst zum Einsatz kommen sollen, wenn eine Betreuungsangelegenheit für ehrenamtliche Betreuer zu umfangreich ist oder besondere Fachkenntnisse verlangt, führen Betreuungen hingegen berufsmäßig gegen Entgelt aus (§§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 BGB). Gem. den §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 2, 3 BGB iVm § 1 Abs. 1 VBVG liegt eine berufsmäßige Betreuung idR vor, wenn der Betreuer mehr als zehn Betreuungen führt oder die Tätigkeit voraussichtlich mindestens 20 Wochenstunden in Anspruch nimmt. Solange die Berufsmäßigkeit bei der Bestellung des Betreuers allerdings nicht gem. den §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 BGB gerichtlich festgestellt wird, ist dieser ehrenamtlich tätig.