Welchen Inhalt das Verlangen der Nutzungsänderung gemäß § 745 Abs. 2 BGB haben muss, ist in der Literatur und insbesondere in der Rechtsprechung umstritten.
a) Wahl zwischen Auszug oder Zahlung
In einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen wird vertreten, dass der die Nachlassimmobilie nutzende Miterbe im Rahmen des Verlangens der Nutzungsänderung gemäß § 745 Abs. 2 BGB vor die Wahl gestellt werden muss, ob er auszieht oder alternativ eine Nutzungsentschädigung zahlt. Nur hierin sei ein Verlangen der Nutzungsänderung zu sehen. Die (bloße) Aufforderung, künftig für die Nutzung der zum Nachlass gehörenden Immobilie eine Nutzungsentschädigung an die Erbengemeinschaft zu leisten, sei hierfür nicht ausreichend.
Eine genaue Begründung, weshalb eine Zahlungsaufforderung kein Verlangen der Änderung der Nutzungsregelung darstellen soll, ist den vorgenannten Entscheidungen nicht zu entnehmen. In allen genannten Entscheidungen wird ausschließlich mitgeteilt, dass eine Zahlungsaufforderung als nicht ausreichend zu betrachten ist.
b) Bloßes Zahlungsverlangen ist ausreichend
Teilweise wird dagegen vertreten, dass durch die Aufforderung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung das Begehren der Nutzungsänderung im Sinne des § 745 Abs. 2 BGB hinreichend zum Ausdruck kommt.
Nach Auffassung des OLG Stuttgart hat der die Nutzungsänderung nach § 745 Abs. 2 BGB verlangende Miterbe ausschließlich hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er die bisher erfolgte unentgeltliche Nutzung der zum Nachlass gehörenden Immobilie nicht weiter dulden möchte, sondern stattdessen die Zahlung einer Nutzungsentschädigung begehrt. Die Änderung der Nutzungsentschädigung gem. § 745 Abs. 2 BGB muss nicht zwingend darin liegen, dass der die Immobilie nutzende Miterbe zum Auszug aufgefordert wird – sie kann auch in der Aufforderung zur Auszahlung einer Nutzungsentschädigung liegen. Entscheidend ist somit ausschließlich, dass aus der Aufforderung deutlich wird, dass die unentgeltliche Nutzung der Immobilie durch die übrigen Miterben nicht weiter akzeptiert wird.
Eine ausdrückliche höchstrichterliche Entscheidung ist bislang zu der Frage, ob das Verlangen einer Nutzungsänderung gem. § 745 Abs. 2 BGB auch in einer "bloßen Zahlungsaufforderung" liegen kann, nicht ergangen. Der BGH teilt jedoch in seiner Entscheidung vom 15.9.1997, Aktenzeichen II ZR 94/96 was folgt mit:
Zitat
"Es ist aber selbstverständlich, dass derjenige, der eine entgeltliche Nutzungsregelung wegen Zahlungsverzuges der Gegenseite kündigt, damit zum Ausdruck bringt, daß er weiterhin eine Nutzungsentschädigung für den Fall begehrt, daß die Grundstücksnutzung, wie gehabt, fortgesetzt wird. Das Berufungsgericht hat das Kündigungsschreiben unter diesem Aspekt nicht ausgelegt, weil es rechtsirrtümlich davon ausging, in dem Zahlungsbegehren des Klägers könne nicht das Verlangen einer Regelung nach § 745 Abs. 2 BGB gesehen werden."
Auch in seinem Urteil vom 4.2.1982, Aktenzeichen IX ZR 88/80 hat der BGH die Zahlungsaufforderung des aus der Ehewohnung ausziehenden Ehegatten als ausreichend für ein Neuregelungsverlangen gem. § 745 Abs. 2 BGB angesehen, ebenso wie in seinem Urteil vom 6.8.2008, Aktenzeichen XII ZR 155/06.
Andererseits existieren auch Entscheidungen des BGH, in denen dieser zwischen den Zeilen und ohne weitere Begründung davon ausgeht, dass in einer Zahlungsaufforderung kein Nutzungsänderungsverlangen gem. § 745 Abs. 2 BGB zu sehen ist.
Eine höchstrichterliche Stellungnahme zu der Frage, ob in einer Zahlungsaufforderung ein Nutzungsänderungsverlangen gem. § 745 Abs. 2 BGB liegt, bleibt demnach abzuwarten. Das OLG Stuttgart hatte aufgrund dessen in seiner Entscheidung vom 18.10.2018 die Revision ausdrücklich zugelassen.
c) Stellungnahme
Nutzt ein Miterbe unter Ausschluss der anderen Miterben eine Nachlassimmobilie ohne Leistung einer Entschädigungszahlung, so ist er gegenüber den anderen Miterben privilegiert. Kann die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft schnell erfolgen, so werden die Miterben diesen Umstand potenziell akzeptieren. Zieht sich die Nachlassauseinandersetzung länger hin oder handelt es sich bei der Nachlassimmobilie um den wesentlichen Nachlassbestandteil, so haben die Miterben ein Interesse daran, aus dieser Nachlassimmobilie Nutzungen zu ziehen.
Wer eine Zahlung in den Nachlass leistet, ist für den Miterben im Zweifel nicht relevant. Es kommt ihm entscheidend darauf an, das Potenzial der Nachlassimmobili...