Der Auskunftsanspruch des § 2314 BGB soll es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, sich die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Hierbei soll ein notarielles Nachlassverzeichnis eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das private Verzeichnis des Erben bieten, wenn gleich es sich um dieselbe Auskunft des Erben handelt. Die größere Gewähr kann jedoch nur erreicht werden, wenn der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln kann.
1. Ausgangspunkt der Ermittlungstätigkeit des Notars
Ausgangspunkt der notariellen Ermittlungen sind die Angaben des Erben. Hierdurch wird der Notar in die Lage versetzt, sich ein Bild über die Lebensverhältnisse des Erblassers zu machen und entsprechende Ermittlungsansätze zu bestimmen. Allerdings darf sich der Notar nicht auf die Angabe des Erben beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Der Notar hat stets diejenigen Nachforschungen zum realen und ggf. zum fiktiven Nachlass anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Pflichtteilsberechtigten für erforderlich halten würde.
2. Anwesenheit des Erben beim Notar
Ob der Erbe in jedem Fall persönlich beim Notar zu erscheinen hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach einer Ansicht ist die Anwesenheit des Auskunftspflichtigen grundsätzlich erforderlich und eine Vertretung im Regelfall ausgeschlossen. Dies folge daraus, dass der Notar den Erben bei der Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses umfassend über seine Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht zu belehren habe. Dies könne nur dann zuverlässig erfolgen, wenn der Verpflichtete auch persönlich vor dem Notar erscheine. Nur auf diese Weise könne sichergestellt werden, dass die erforderlichen Auskünfte vollständig und nach Rückfrage konkretisiert und zutreffend gegeben werden können.
Nach einer anderen Ansicht soll es ausreichend sein, wenn der Notar sich durch einen Dritten über den Bestand des Nachlasses unterrichten lässt. Es bestehe danach kein allgemeiner Grundsatz, wonach der Erbe derjenige sein müsse der die Informationen liefere. Ein solcher lasse sich aus dem Wortlaut des § 2314 BGB auch nicht entnehmen. Die Entscheidung, wen er befrage liege im Ermessen des Notars und nur, wenn er Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Information des Bevollmächtigten habe, müsse er den unmittelbaren Kontakt zum Erben suchen bzw. den Auftrag ablehnen, wenn der Erbe selbst aufgrund seines Alters oder seines Gesundheitszustanden nicht in der Lage ist, die Informationen zu liefern.
Der BGH hat diese Frage weder zugunsten der einen oder anderen Meinung entschieden. Seinem Leitsatz folgend, dass der Notar im Verfahren diejenigen Nachforschungen anzustellen habe, die ein objektiver Dritter in der Lage des Pflichtteilsberechtigten für erforderlich halten würde, fordert der BGH eine ermessensfehlerfreie Einzelfallentscheidung durch den Notar. Der Notar muss demnach nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob er den Erben selbst oder einem Vertreter des Erben befragen will, um die notwendigen Informationen zu erhalten. Ferner wird er zu entscheiden haben, wie oft er den Erben persönlich zur Aufklärung des Sachverhaltes heranziehen möchte. Besteht aus der Sicht des Notars kein weiterer Aufklärungs- und oder Erklärungsbedarf, so ist eine erneute Befragung des Erben bzw. seine Anwesenheit bei der Errichtung des Nachlassverzeichnisses nicht mehr notwendig.
3. Regel und Ausnahme
Solange und soweit der Notar die – ggf. auch erneute – Befragung des Erben für notwendig erachtet, ist der Erbe nach der Rechtsprechung des BGH verpflichtet vor dem Notar zu erscheinen. Im aller Regel wird der Erbe in diesem Fall zu einem Termi...