II.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, war nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits "unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen" zu entscheiden. Dies führte dazu, diese Kosten in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufzuheben.

1. Unzweifelhaft stehen der Klägerin grundsätzlich die Ansprüche aus § 2314 Abs. 1 BGB zu. Die Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis sind in ihren wesentlichen Grundzügen auch längst geklärt.

"Das notarielle Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft bieten als ein privates Verzeichnis, welches der auskunftsverpflichtete Erbe erstellt hat. Dazu ist es erforderlich, dass es von der Amtsperson selbst erstellt wird und diese nicht lediglich die Erläuterungen des Erben protokolliert und beurkundet. Der Notar ist dabei regelmäßig auch zur selbstständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen berechtigt und verpflichtet, er muss zudem durch eine Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, für den Inhalt verantwortlich zu sein (…). Ein Verzeichnis, das sich inhaltlich lediglich auf die dem Notar seitens des Erben vorgelegte Auflistung beschränkt und nicht eine eigenständige Feststellung des Notars dazu enthält, dass weitere Nachlassgegenstände nicht vorhanden und weitere Verbindlichkeiten nicht festzustellen seien, erfüllt daher die Anforderungen nicht" (BVerfG, 1 BvR 2423/14, Nichtannahmebeschluss vom 25.4.2016, Rn 3 bei juris).

2. Der Anspruch der Klägerin auf ein notarielles Nachlassverzeichnis ist durch das vorliegende notarielle Nachlassverzeichnis und dessen Ergänzung nicht erfüllt worden. Beide Urkunden enthalten im Wesentlichen lediglich eine Beurkundung einer Erklärung des Beklagten. Beim notariellen Nachlassverzeichnis geht es aber nicht um die Beurkundung einer Willenserklärung im Sinne von §§ 6 ff. BeurkG, sondern um einen Bericht über eigene Wahrnehmungen des Notars im Sinne von § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BeurkG.

Vier Konten der Erblasserin bei der H. V. sind in dem notariellen Nachlassverzeichnis unerwähnt geblieben. Das notarielle Nachlassverzeichnis vom 1.3.2019 erwähnt lediglich ein weiteres Konto, dies freilich ebenfalls bei der H. V. Hätte der Notar seine Pflichten bei der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses ernst genommen, sich nicht allein auf die Angaben des Beklagten verlassen, sondern eigene Ermittlungen angestellt, und zwar diejenigen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (vgl. BGH, Beschl. v. 20.5.2020 – IV ZR 193/19, juris), hätte er bei der V.’nach weiteren Konten fragen müssen und hätte aller Voraussicht nach die nunmehr bekannt gewordenen Konten in das Nachlassverzeichnis aufgenommen und sich (erst) damit seinen Gebührenanspruch "verdient" (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.2002 – IX ZR 434/00, juris).

Dabei war es dem Notar nicht von vornherein verwehrt, das Wissen des beklagten Erben sowie das in seiner Person vorhandene Aufklärungspotenzial in der Weise zu nutzen, dass er den Beklagten auffordert, eigene Auskunftsansprüche gegenüber Geldinstituten bzw. sonstigen Dritten durchzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.2020 – IV ZR 193/19, juris Rn 9). Dass der Notar dies getan hat, ist aber gerade nicht ersichtlich.

3. Zweifelhaft ist der Anspruch der Klägerin dessen ungeachtet geblieben, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen besteht nunmehr auf der Grundlage des Schreibens der H. V. vom 24.2.2020 (Anlagenband Beklagter) Kenntnis von den Konten. Darüber hinaus hat die V. mit Schreiben vom 2.7.2020 (Anlagenband Beklagter) Unterlagen zu diesen Konten vorgelegt. Diese sind mittlerweile auch der Klägerin bekannt. Insoweit kann es nur noch darum gehen, wie die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung an sich durchaus zutreffend vorträgt, die durch den Notar vermittelte Sicherheit insoweit zu bekommen. Der weitere Aspekt ist aber, dass die Anträge aus der Berufungsbegründung dahin gehen, dass der Notar hinsichtlich der vier Konten die Frage beantworten soll, ob sich aus der Einsicht in die Umsätze Hinweise auf Schenkungen pp. ergeben. Was der Notar genau tun soll, bleibt damit eher unklar. Soll er eine ihm an sich nicht obliegende Würdigung vornehmen, die die Klägerin, soweit ihr die Unterlagen vorliegen, auch selbst vornehmen kann? Darauf ist die Klägerin vor der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden.

Inwieweit der Notar zur Durchsicht von Kontounterlagen verpflichtet ist, insbesondere um zu prüfen, ob im Verwendungszweck "Schenkung" oder eine ähnliche Formulierung gebraucht ist, oder ob er die Kontoauszüge auf Auffälligkeiten überprüfen muss, die für eine Schenkung sprechen, kann der Senat vorliegend dahinstehen lassen; schwierige Rechtsfragen sind in dem Verfahren nach § 91a ZPO wegen der nur noch summarischen Prüfung im Hinblic...

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