Die technischen Möglichkeiten führen zu einer Erweiterung des Versammlungsorts, aber auch die Funktionen und Aufgaben des Versammlungsleiters/Vorsitzenden betreffend:
Zitat
Versammlungsort ist der Sitz der Gesellschaft, sofern kein anderer Ort zur Beschlussfassung vom Vorsitzenden festgelegt wurde. Die ordnungsmäßige Einberufung einer Videokonferenz zum Zwecke der Beschlussfassung durch die Gesellschafter bedarf anstelle der Angabe des Versammlungsorts der Angabe sämtlicher Verbindungsdaten und Angaben über deren Verwendung, die für die Teilnahme an der Videokonferenz notwendig sind.
Die Gesellschafter haben rechtzeitig beim Vorsitzenden bekannt zu geben, in welcher Form sie bei hybriden Veranstaltungen teilnehmen und abstimmen, damit eine ordnungsmäßige Beschlussfassung und Niederschrift erfolgen können. Dabei dürfen sie gleichermaßen auch per Telefon teilnehmen, wenn sie garantieren, dass unbeteiligte Dritte von der Sitzung ausgeschlossen sind und sie willensmängelfehlerfrei akustisch oder schriftlich abstimmen können. Bei Zweifeln kann der Vorsitzende eine schriftliche Stimmabgabe im Nachgang zur Versammlung einfordern.
Soll über Gegenstände Beschluss gefasst werden, die nicht bereits mit der Einberufung mitgeteilt worden sind, so sind diese Beschlussgegenstände wenigstens 7 (sieben) Kalendertage vor der Versammlung in der für die Einberufung vorgesehenen Form anzukündigen; die vorstehenden Bestimmungen zur Berechnung der Einberufungsfrist gelten hierfür entsprechend. Sind sämtliche Gesellschafter anwesend oder vertreten und mit der Beschlussfassung einverstanden, so können Beschlüsse auch dann gefasst werden, wenn die für die Einberufung und Beschlussankündigung geltenden gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Vorschriften nicht eingehalten worden sind.
Die Neuformulierung kann – ähnlich wie bei einem Vorsitzenden Richter in der ZPO – mit der materiellen Sitzungsleitung des Vorsitzenden periphrasiert werden. Im Hinblick auf das schon unter II. 3) Festgehaltene kann die Satzungsreform dazu genutzt werden, das oft leidige Problem des Findens von Vorsitzenden zu normieren und die Vakanz via einer strikten Normierung der Versammlungsleitung zu vermeiden. Dazu Näheres wie folgt.
Die Satzung wie die GO gehen oft abschließend davon aus, dass es zu jedweder Zeit zumindest einen ersten und/oder zweiten bzw. stellvertretenden Vorsitzenden gibt. Weitere Regelungen sind nicht getroffen. Aus der Entscheidung, keine weiteren Stellvertreter vorzusehen, resultiert, dass dies nicht gewollt ist. Es sollen jedoch bei Vakanz stets neue Vorsitzende unverzüglich gewählt werden.
Entsteht eine Vakanz und verzichten die AR-Mitglieder auf eine solche Wahl, dann müssen die Satzungsaufgaben gleichwohl erfüllt werden. Eine gerichtliche Bestellung nach § 104 AktG, der i.Ü. nicht von den Vorsitzenden spricht, bleibt außen vor. Eine analoge Anwendung ist nur geboten bei Dringlichkeit, zu der es aber nicht kommen sollte, was durch kluge Satzungsbestimmungen vorher verhindert werden muss.
Die GO des AR konkretisiert dazu in der Regel auch nichts Spezifisches. Wählen die AR-Mitglieder niemanden, kann die Gesellschafterversammlung einen AR-Vorsitzenden aus der Mitte der AR-Mitglieder bestimmen, um die Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Falls nicht, kann ein neutraler Vorsitzender eingesetzt werden. Die GV hat hier Auswahlermessen: Idealiter ein Sachkundiger aus der Forschungs-GmbH selbst, der unabhängig zur Geschäftsführung ist, oder ein unabhängiger Sachverständiger.
Im Streitfall könnte ein Antrag beim zuständigen Registergericht (am Sitz des Amtsgerichts) infrage kommen, und zwar nach FamFG-Grundsätzen zur Ersatzbestellung. Doch ist gerichtlich entschieden, dass bei fakultativen Aufsichtsräten die Funktionsfähigkeit nicht dermaßen wichtig ist wie bei obligatorischen, was sich auch auf den/die Vorsitzenden bezieht. Daher greift ein Antrag auf Ersatzbestellung wohl wahrscheinlich ins Leere.
Die aktienrechtliche Publizitätsvorschrift (§ 80 AktG) ist abschließend zu beachten: Solange die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden noch nicht neu besetzt ist, sollte die Position bis zur Neuwahl auf Geschäftsbriefen als vakant gekennzeichnet werden (N.N.). Dies sollte kraft Übung auch beim fakultativen AR angewendet werden. In diesem Punkt kann folgende Formulierung eine gut praktikable Abhilfe schaffen:
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Der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung und seine Stellvertreter werden aus der Mitte der Gesellschaftervertreter in der Gesellschafterversammlung für eine Amtszeit von jeweils 3 (drei) Jahren gewählt. Sie bilden den Vorsitz.
Sollte kein fester Vorsitz im Sinne von Absatz 1 amtieren, wählt die Gesellschafterversammlung zu Anfang und für die Dauer der jeweiligen Versammlung einen Versammlungsleiter, der zu diesem Zweck die Befugnisse eines Vorsitzenden innehat und nicht Gesellschafter sein muss. Nur in Ausnahmefällen soll ein Mitglied der Geschäftsführung die Versammlungsleitung übernehmen.
Der Versammlungsleiter ist gewählt, wenn...