Aus der Notwendigkeit und dem vielfach auftretenden Problem reichlicher Erörterungspunkte speziell in einer zu Forschungszwecken gegründeten GmbH resultiert die Anfrage, technisch wie zeitlich komplexe Debatten, die in das Vorfeld der Beschlussfassung der Gremien (etwa des AR) gehören, vorzuziehen, und zwar auf den Vorabend der anberaumten AR-Sitzung oder sogar noch vorher. Dadurch soll eine einzige AR-Sitzung erwachsen, die Beschlüsse gemäß Satzung der Forschungs-GmbH fassen kann, insbesondere solche, die von der Satzung betroffen sind, die einen Zustimmungsvorbehalt aufweisen, wie z.B. die Gründung einer Außenstelle im Ausland, welche die Organisationsstruktur der Forschungs-GmbH in nuce tangiert. Dabei ist darauf zu achten, dass die für die AR-Mitglieder wesentlichen Informationen in der AR-Sitzung referiert werden, um deren Teilhaberechte nicht im Kern zu beschneiden und ihnen die nötige Informationsfülle zur unabhängigen Beschlussfassung zu bieten. Darüber hinaus spielt die Rolle des AR-Vorsitzenden hinein, der die Sitzungen vorstrukturiert und leitet, was für ihn Recht und Pflicht zugleich bedeutet.
1. Angemessene Beteiligung der AR-Mitglieder am Informations-, Willensbildungs- und Entscheidungsprozess des AR
Als Argumente gegen ein Vorziehen könnte zunächst das Recht der AR-Mitglieder sprechen, umfassend informiert zu sein, um ihre Rechte wahrzunehmen. Denn gegen wichtige AR-Beschlüsse kann geklagt werden, ebenfalls wenn ein Beschluss gerade nicht erfolgt ist, obwohl dieser Beschluss hätte gefasst werden müssen. Beim fakultativen AR existiert zwar mehr Gestaltungsfreiheit als beim gesetzlich vorgeschriebenen, doch bejaht die einhellige Kommentarliteratur zu Recht das Anwesenheitsrecht wie auch eine Pflicht hierzu.
Damit das einzelne AR-Mitglied seine Aufgaben im Rahmen der Aufsichtsarbeit wahrnehmen kann, ist es am Informations-, Willensbildungs- und Entscheidungsprozess des AR zu beteiligen. Um an der AR-Arbeit mitwirken zu können, hat das AR-Mitglied ein Recht zur Teilnahme an allen Sitzungen des AR und seiner Ausschüsse, § 109 Abs. 1 und 2 AktG. Der Vorsitzende des AR, welcher Herr des Verfahrens über den Sitzungsablauf ist, kann jedoch bestimmen, dass AR-Mitglieder, die dem Ausschuss nicht angehören, von Ausschusssitzungen ausgeschlossen sind, § 109 Abs. 2 Hs. 2 AktG. Die Entscheidung des AR-Vorsitzenden kann vom Plenum nicht abgeändert werden. Das gilt auch für den fakultativen Aufsichtsrat, obgleich § 109 AktG in § 52 GmbHG nicht genannt ist.
Ein Vorziehen von Erörterungspunkten ist jedoch keine Einberufung eines besonderen Ausschusses, sondern soll lediglich die Zeit nehmenden Erörterungspunkte zur Haupt-AR-Sitzung antizipieren.
2. AR-Vorsitzender: Sitzungsleitung und "Stoffverteilung"
Für die Antizipierung der Erörterung spricht sogar die Leitungspflicht des AR-Vorsitzenden: Denn er hat die Sitzungstermine zu bestimmen, die Tagesordnung aufzustellen, die erforderlichen Informationen und Unterlagen zu beschaffen und Sachverständige zu laden.
Damit kommt ihm gleichsam eine Stoffordnungs- und Stoffverteilungsfunktion zu, die sogar gebietet, Erörterungspunkte vorzuziehen, um eine ausreichende Information zugunsten der ungestörten Willensbildung bei den AR-Mitgliedern anzustreben. Wenn dann zum Haupttermin die wesentlichen Punkte referiert werden, stärkt dieses Vorgehen sogar die Rechte der AR-Mitglieder, sodass ein Eingriff in deren Rechte gerade nicht vorliegen kann (arg. e contrario).
Als Fazit zur Frage des Vorziehens von Erörterungspunkten (hier anhand des AR) sei festgehalten:
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Ein Vorziehen der Zeit nehmenden Erörterungspunkte in Bezug auf die Haupt-AR-Sitzung ist nicht allein möglich, sondern sogar geboten, um die Konzentration auf eine Fülle von Beschlüssen zu ermöglichen. Dies kann mit der Sitzungsleitungs- und Stoffverteilungsrolle des AR-Vorsitzenden gerechtfertigt werden. |
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AR-Mitglieder werden selbstverständlich auch zum vorgezogenen Termin ordnungsgemäß geladen; der Vorzieh-Termin findet idealiter einen Tag vorher statt (Vorabend), sodass das Verhältnismäßigkeitsgebot gewährleistet ist und in die Zeit der Vorbereitung der AR-Mitglieder fällt, die zu ihren Pflichten gehört. Darauf sollte im Vorfeld und am Tag der AR-Sitzung explizit hingewiesen werden, am besten in den Unterlagen und den Niederschriften. |
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Via Antizipation wird die Berechtigung des einzelnen AR-Mitglieds, am Informations-, Willensbildungs- und Entscheidungsprozess des AR angemessen teilzunehmen, nicht eingeschränkt. Geht man mit der h.M. davon aus, dass sogar eine Pflicht dazu besteht, an den AR-Sitzungen (dies gilt auch für die vorgezogenen!) teilzunehmen, können die Beschlüsse in der AR-Sitzung gefasst werden. |
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Um das Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten, sollten die wesentlichen Punkte der vorgezogenen Sitzung, in der alle Punkte erörtert wurden, vom Sitzungsleiter/AR-Vorsitzenden kurz und knapp resümiert und ref... |