Bei dem Merkmal des wichtigen Grundes lässt sich allgemein zwischen wichtigen Gründen aus der Sphäre des Geschäftsführers bzw. Organwalters und wichtigen Gründen aus der Sphäre des Geschäftsherrn unterscheiden. Gründe aus der Sphäre des Organwalters können verhaltensbedingt oder personenbedingt sein. Letztere Differenzierung wird durch § 2227 Hs. 2 BGB ebenfalls widergespiegelt: Während die grobe Pflichtverletzung verhaltensbezogen ist, bezieht sich die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung auf die Person des Testamentsvollstreckers und setzt damit gerade kein vorwerfbares Verhalten voraus.
a. Verhaltensbedingte Gründe in Gestalt einer groben Pflichtverletzung
§ 2227 Hs. 2 Var. 1 BGB erfordert eine Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers, also eine Zuwiderhandlung gegen eine ihm obliegende Amtspflicht. Die Zuwiderhandlung muss grob, d.h. von einigem Gewicht und schuldhaft begangen worden sein.
Ist der Testamentsvollstrecker Organmitglied einer Gesellschaft des Nachlasses, kann er sich dabei nicht auf die Business Judgement Rule berufen. Zwar befindet sich der Testamentsvollstrecker insoweit in einer Doppelrolle, als er dem Nachlass – einschließlich zum Nachlass gehöriger Unternehmensbeteiligungen – als Fremdverwalter und der Gesellschaft als Organ vorsteht. Allerdings überlagern die §§ 2216 Abs. 1, 2219, 2227 BGB das gesellschaftsrechtliche Haftungs- und Verantwortlichkeitsregime. Der Testamentsvollstrecker soll gerade keine riskanten unternehmerischen Entscheidungen treffen, sondern ist gem. § 2216 Abs. 1 BGB zur ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet.
Gründe, die grundsätzlich geeignet sein können, einen Entlassungsgrund nach § 2227 BGB zu begründen, sind insbesondere die Verletzung der kraft Verfügung von Todes wegen oder Gesetzes (§§ 2215–2218 BGB) bestehenden Pflichten des Testamentsvollstreckers, also bspw. der Pflicht zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses oder zur Einreichung der Erbschaftsteuererklärung, ferner die Erteilung falscher Auskünfte gegenüber den Erben oder staatlichen Stellen. Wann die Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers ausreichend schwer ist, um eine Entlassung rechtfertigen zu können, ist dabei eine Frage des Einzelfalls. Typischerweise zu berücksichtigende Gesichtspunkte sind der Grad des Verschuldens, die Auswirkungen auf den Nachlass sowie ggf. eine vorherige Abmahnung des Testamentsvollstreckers durch die Erben. Überschreitet die Pflichtverletzung die Schwelle zur Strafbarkeit, wird man in der Regel jedenfalls dann von einem Entlassungsgrund auszugehen haben, wenn es sich um ein Delikt zulasten des Nachlasses – etwa in Gestalt der §§ 246, 263, 266 StGB – handelt.
Straftaten außerhalb der Amtstätigkeit des Testamentsvollstreckers können eine Pflichtverletzung gegenüber dem Nachlass begründen, wenn ein Bezug zur Testamentsvollstreckung besteht oder wenn die Amtsstellung durch die Tat erheblich belastet wird. Im Übrigen kann außerdienstliches deliktisches Verhalten zur Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung führen.
Die grobe Pflichtverletzung muss in tatsächlicher Hinsicht feststehen. Ein dringender Verdacht kann jedoch in entsprechender Anwendung der Grundsätze der Verdachtskündigung ebenfalls die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung begründen.