aa. Sperrwirkung der gesetzlich typisierten Entlassungsgründe
Mit den beiden typisierten Entlassungsgründen der groben Pflichtverletzung und der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für verhaltens- und personenbedingte Entlassungsgründe festgelegt. Diese Wertungen dürfen grundsätzlich nicht unterlaufen werden, etwa indem über unscharfe Begrifflichkeiten wie "Feindschaft und Misstrauen zwischen dem Erben und dem Testamentsvollstrecker" die Befähigung zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ohne ausreichende verobjektivierbare Grundlage in Zweifel gezogen wird. Die vom Gesetzgeber vorgenommenen Konkretisierungen der Generalklausel begründen folglich eine Sperrwirkung. Für die unbenannten Entlassungsgründe verbleibt damit kein allzu großer Anwendungsbereich mehr. In Betracht kommen namentlich Gründe aus der Sphäre des Nachlasses.
bb. Gründe aus der Sphäre des Nachlasses
Wichtige Gründe zur Entlassung des Testamentsvollstreckers aus der Sphäre des Nachlasses liegen vor, wenn die vom Erblasser mit der Testamentsvollstreckung verfolgten Ziele in dieser Form nicht mehr erreicht werden können, ohne dass dies dem Testamentsvollstrecker zuzurechnen ist. Denkbar wäre etwa der Fall, dass das Nachlassvermögen im Wesentlichen aufgebraucht ist und die noch anfallende Vergütung des Testamentsvollstreckers in keiner Relation mehr zu dem noch verbliebenen Nachlass stünde.
cc. Zur Fallgruppenbildung in Rechtsprechung und Literatur
In der Rechtsprechung finden sich zur Ausfüllung der unbenannten wichtigen Gründe verschiedene Obersätze, die in der Literatur systematisierend zu drei sog. "Formeln" zusammengetragen wurden:
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Nach der "ersten Formel" liegt ein wichtiger Grund zur Entlassung namentlich vor, wenn der Testamentsvollstrecker begründeten Anlass zu der Annahme gibt, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich sei oder dass sich dadurch eine Schädigung oder erhebliche Gefährdung der Interessen der an der Ausführung oder am Nachlass Beteiligten ergeben würde. |
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Nach der "zweiten Formel" soll die Entlassung schon dann unzulässig sein, wenn Umstände vorliegen, die den Erblasser, wenn er noch lebte, mutmaßlich zum Widerruf der Ernennung des Testamentsvollstreckers veranlasst hätten und die auch objektiv betrachtet diesen Widerruf als im Interesse des Erben oder sonstiger Beteiligter liegend erscheinen lassen. |
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Nach der "dritten Formel" schließlich sollen Tatsachen, die dem Erblasser bei der Berufung des Testamentsvollstreckers bekannt waren, regelmäßig nicht dessen Entlassung rechtfertigen; hierbei müsse vielmehr berücksichtigt werden, ob der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht ernannt hätte, wenn er die späteren Auswirkungen dieser Tatsachen gekannt hätte. |
Die Heranziehung dieser Fallgruppen ist jedoch mit Blick auf die Sperrwirkung der gesetzlichen Typisierungen kritisch zu sehen. Die Formeln 1 und 2 umschreiben der Sache nach verhaltensbedingte Gründe in der Sphäre des Testamentsvollstreckers. Hierfür sieht § 2227 BGB jedoch bereits das Erfordernis einer groben Pflichtverletzung vor, das nicht durch ein Zurückfallen auf den Grundbegriff des wichtigen Grundes unterlaufen werden darf. Nach der hier vertretenen Ansicht umschreiben die "Formeln 1 und 2" daher keine statthaften Entlassungsgründe i.S.d. § 2227 BGB. Bei der "dritten Formel" dürfte es sich demgegenüber nicht um die Spezifikation eines wichtigen Grundes, sondern um einen bloßen Verweis auf die Testierfreiheit des Erblassers (Art. 14 Abs. 1 GG) handeln, die vorrangig bei der Ermessensausübung des Nachlassgerichts relevant wird.