Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers durch Verfügung von Todes wegen ist Ausdruck der Testierfreiheit des Erblassers und strukturell eine Belastung der Erben. Nicht selten ordnet ein Erblasser die Testamentsvollstreckung an, um seinen persönlichen Vorstellungen gegenüber den Erben noch nach dem eigenen Ableben zur Durchsetzung verhelfen. Insbesondere die Dauervollstreckung, bei der die primäre Aufgabe des Testamentsvollstreckers in der reinen Nachlassverwaltung besteht (§ 2209 S. 1 Hs. 1 BGB), ist häufig als Bevormundung der Erben konzipiert. Vor diesem Hintergrund versteht es sich von selbst, dass nicht etwa die Erben die Ernennung des Testamentsvollstreckers durch eine einfache Gestaltungserklärung widerrufen können. Stattdessen sieht § 2227 BGB ein gerichtliches Verfahren vor, in dem das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag im Rahmen einer Ermessensentscheidung durch Gestaltungsurteil entlassen kann, wenn ein wichtiger Grund für die Entlassung aus dem Amt vorliegt. Der diesbezügliche Ermessensspielraum des Nachlassgerichts wird dabei im Kontext eines multipolaren Grundrechtsverhältnisses zu einem Kristallisationspunkt verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen: Die Entlassung setzt eine umfassende Abwägung sowohl der Testierfreiheit des Erblassers als auch der Belange der Erben und schließlich auch der Grundrechte des Testamentsvollstreckers voraus.
Die praktische Bedeutung des Instituts der Testamentsvollstreckung ist beachtlich. Zunehmend werden namhafte Unternehmensbeteiligungen durch Testamentsvollstrecker verwaltet, weil sich keine Nachfolger gefunden haben oder der Nachlass in eine Stiftung überführt werden soll. Die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers, der als Sachwalter fremden Vermögens kein eigenes Gewinnziel verfolgt, ist dementsprechend in hohem Maße verantwortungsvoll und pflichtgebunden. Anders als etwa beim Insolvenzverwalter, der unter der ständigen Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 Abs. 1 S. 1 InsO) und der Gläubigerversammlung bzw. des Gläubigerausschusses (§§ 66 Abs. 3, 156, 160 ff. bzw. § 69 Abs. 1 S. 1 InsO) steht, kann der Testamentsvollstrecker jedoch nur mittelbar durch die Möglichkeit einer Entlassung nach § 2227 BGB sowie seine persönliche Haftung gem. § 2219 BGB kontrolliert werden.
Trotz ihrer qualitativ erheblichen Bedeutung wird die Testamentsvollstreckung quantitativ nur in sehr wenigen Fällen angeordnet. Ungefähr 6 % derjenigen Erblasser, die überhaupt eine Verfügung von Todes wegen treffen, ordnen Testamentsvollstreckung an. Dementsprechend sind auch Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB nicht sehr häufig. Hinzu kommt, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH gem. § 70 Abs 2 S. 2 FamFG ausgeschlossen ist, was die Entwicklung bundeseinheitlicher Rechtsgrundsätze bei der Auslegung des § 2227 BGB stark erschwert und zu einer Einzelfallkasuistik obergerichtlicher Entscheidungen geführt hat. Die zu § 2227 BGB entwickelte Dogmatik ist maßgeblich geprägt von einer induktiven Betrachtungsweise und erfolgt nicht kohärent zu derjenigen der sonstigen außerordentlichen Beendigungstatbestände des Zivilrechts. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ergeben sich durch die Anwendbarkeit des FamFG zusätzliche Rechtsprobleme, zu denen bisher nur wenige gerichtliche Entscheidungen vorliegen.
Der vorliegende Beitrag untersucht infolge dieses Befunds die Prüfungssystematik des § 2227 BGB (II.) und die Rechtsfolgen einer Entlassung (III.). Im Anschluss daran wird die verfahrensrechtliche Möglichkeit einstweiliger Anordnungen im Entlassungsverfahren als in der Praxis besonders wichtige Problematik erörtert (IV.).