Das Urteil des AG Köln betrifft die Auseinandersetzung von Miterben über im Nachlass befindlichen Grundbesitz. Gekündigt werden sollte im Februar 2022 der Mietvertrag über eine Wohnung, die der Kläger im Jahre 2018 im Wege der Erbauseinandersetzung zu Alleineigentum erworben hatte. Das Eigentum stand zuvor seit 2004 dem Kläger und seinen beiden Schwestern in Erbengemeinschaft zu. Der Mietvertrag datiert aus 2016 und wurde von dem seinerzeitigen Nießbrauchberechtigten, dem Vater der Erben, abgeschlossen. Dieser verstarb 2017.
Das AG geht zunächst (zutreffend und auch beklagtenseits nicht infrage gestellt) davon aus, dass mit Ableben des Berechtigten das Nießbrauchrecht erloschen ist und das Mietverhältnis mit den Erben als Eigentümern in Erbengemeinschaft gem. §§ 1056, 566 BGB fortgesetzt wurde. Die im vorliegenden Zusammenhang entscheidende Frage ist, ob die anschließende Eigentumsübertragung auf den Kläger den Übergang des Mietverhältnisses von den Miterben in Erbengemeinschaft auf ihn als neuen Eigentümer bewirkt hat. Hiervon ging jedenfalls der Kläger wohl zwanglos aus. Das AG aber war gegenteiliger Meinung.
1. Veräußerung an einen Dritten (direkte Anwendung von § 566 BGB)
Da nach der Rechtsprechung des BGH der Erbengemeinschaft keine Rechtsfähigkeit zukommt, sind ihre Mitglieder im Verhältnis zu ihr nicht als "Dritte" anzusehen. Damit ist der Tatbestand von § 566 BGB nicht erfüllt. Leider hat der Gesetzgeber die Möglichkeit ungenutzt gelassen, im Rahmen des sog. MoPeG die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft anzuordnen. Hierfür hätten zwar gute Gründe gesprochen. Nun hat der Gesetzgeber aber diese Rechtsprechung durch Unterlassen einer Änderung gutgeheißen.
2. Analoge Anwendung von § 566 BGB
Auch eine analoge Anwendung von § 566 BGB soll ausgeschlossen sein. Dies hat der BGH für die Veräußerung an einen Miteigentümer so entschieden, weil es an der für die entsprechende Anwendung erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage im gesetzlich durch § 566 BGB geregelten Fall und in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt mangele; das AG Köln setzt dies konsequent um und verneint auch für die Erbauseinandersetzung eine entsprechende Anwendbarkeit.
a. Interessen des Mieters
Die Begründung hierfür überzeugt allerdings nicht, denn sie fällt nur eindimensional aus und berücksichtigt lediglich die Interessen der Mietpartei, namentlich an dessen Schutz vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegenüber einem neuen Eigentümer im Fall der Veräußerung der Mietsache. Bei Beantwortung der Frage, ob die Interessenlage im von § 566 BGB geregelten Fall und der zu beurteilenden Fallkonstellation für eine Analogie ausreichend vergleichbar ist, bleiben berechtigte Interessen von weichendem Miterben bzw. Miteigentümer einerseits und Erwerber andererseits leider unberücksichtigt. Der Umstand, dass das Mietverhältnis nicht unter Befreiung der Veräußerer auf den Erwerber übergeht, hat aber weitreichende Folgen für alle Beteiligten, nicht nur für den Mieter.
b. Interessen des weichenden Miterben
Der weichende Miterbe hat ein erhebliches Interesse daran, von den Pflichten aus dem Mietverhältnis frei zu werden. Dies betrifft nicht nur die Rückgewähr eventuell geleisteter Kautionen ohne die zusätzlichen Hürden gem. § 566a S. 2 BGB, sondern vor allem die Verpflichtung, den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu gewähren, einschließlich aller eventueller Sekundäransprüche. Die hieraus resultierende Haftung ist theoretisch unbegrenzt. Besonders misslich ist in diesem Zusammenhang für den weichenden Miterben, dass ihm nach Eigentumsübergang jegliche Einflußnahmemöglichkeit auf den Zustand der Mietsache verwehrt ist.
c. Interessen des Erwerbers
Der Erwerber hingegen hat einerseits ein Interesse an möglichst weitgehender und unkomplizierter Ausübung der Vermieterrechte. Andererseits ist mit dem Fortbestand der Vermietereigenschaft des Veräußerers auch das Fortbestehen der Einzelvertretungsbefugnis bei der Entgegennahme von Erklärungen verbunden. Beispielsweise wäre eine ausschließlich gegenüber dem Veräußerer ausgesprochene Mängelanzeige oder Kündigung des Mieters dem Erwerber gegenüber wirksam, ohne dass dieser Kenntnis von der Erklärung erlangen müsste. Problematisch ist der Fortbestand der Vermietereigenschaft des weichenden Miterben auch unter dem Gesichtspunkt, dass damit auch dessen Mietzinsanspruch als Gesamtgläubiger im Außenverhältnis weiter bestehen bleibt. ...