Leitsatz
Geht jemand die Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung ein, die im Erbrecht ihre Grundlage hat, hat dies nicht zur Folge, dass die Zahlungsverpflichtung, die ein Erblasser als Gegenleistung dafür eingegangen ist, im Erbrecht gründet; sie ist rein schuldrechtlicher Natur (§ 241 Abs. 1 Satz 1 BGB).
OLG Celle, Urteil vom 26. Juli 2007 – 6 U 12/07
Sachverhalt
Die Klägerinnen begehren Abfindung für einen Erbverzicht.
Sie, I. K. und die Beklagte sind die vier Töchter des am 29.11.1982 vorverstorbenen Bäckermeisters H. G. und dessen am 25.11.2001 verstorbener Ehefrau E. G. Die Beklagte ist die Erbin der Erblasser aufgrund deren gemeinschaftlichen Testaments vom 11.8.1977. Die Klägerinnen und I. K. sind durch dieses Testament enterbt worden. Aufgrund notariellen Vertrags vom selben Tage verpflichteten die Erblasser sich als Gesamtschuldner, bis zum 31.12.1978 je 25.000 DM an ihre drei enterbten Töchter zu zahlen. Unter der Bedingung der Erfüllung dieses Versprechens erklärten die Klägerinnen und I. K. sich ihren Eltern gegenüber wegen ihrer künftigen gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsansprüche für abgefunden und verzichteten auf diese. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass I. K. 25.000 DM in der Folge erhalten hat.
Die Klägerinnen haben mit der am 22.8.2006 erhobenen Klage Zahlung von je 25.000 DM nebst Zinsen begehrt. Die Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt. Sie hat behauptet, ihr Vater habe die Ansprüche erfüllt. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
Das LG hat die Zeugin K. zur Frage der Erfüllung vernommen. Mit dem angefochtenen Urteil hat es der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, aufgrund der Beweisaufnahme sei nicht bewiesen, dass die Erblasser ihre Verpflichtungen ggü. den Klägerinnen erfüllt hätten; deren Ansprüche seien nicht verjährt, weil es sich um erbrechtliche Ansprüche handele. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt.
Aus den Gründen
Die Berufung ist begründet.
1. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Zahlung von je 25.000 DM aus dem Erbverzichtsvertrag, weil die Beklagte von dem diesem zugrunde liegenden Grundgeschäft (Verpflichtung der Klägerinnen zum Erb- und Pflichtteilsverzicht gegen Verpflichtung der Erblasser zur Zahlung der Abfindungen) wirksam am 10.7.2007 den Rücktritt erklärt hat. Die Geschäftsgrundlage für diesen Vertrag ist entfallen, ohne dass eine Anpassung an die veränderten Umstände möglich wäre (vgl. § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB). Der durch die Zahlung der Abfindung aufschiebend bedingte Erb- und Pflichtteilsverzicht konnte zwar nach deren Zahlung auch nach Eintritt der Erbfälle noch wirksam werden, er ist aber aus der maßgeblichen Sicht der Erblasser, zu deren Gunsten er erklärt wurde, inzwischen wirtschaftlich sinnlos geworden. Die Beklagte konnte während unverjährter Zeit der Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen diesen nur durch Zahlung der jeweils 25.000 DM entgehen. Diese Zahlung hätte zum Wegfall der mit den Erbfällen auflösend bedingt durch die Zahlung der Abfindungen entstandenen Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen geführt, die inzwischen verjährt sind, sodass die Erblasser den Verzicht der Klägerinnen nicht mehr benötigen, um sich von der Belastung ihrer zu vererbenden Vermögen mit dem Pflichtteil der Klägerinnen zu befreien. Die Tatsache, dass die Beklagte den Pflichtteilsverzicht der Klägerinnen jederzeit durch Zahlung der Abfindungen wirksam werden lassen konnte, ändert nichts daran, dass die Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen mit dem Erbfall entstanden und deren Verjährung lief, sobald die Klägerinnen nach dem Tode der Erblasser Kenntnis von dem Testament vom 11.8.1977 hatten, durch das sie enterbt waren.
2. Unabhängig davon ist ein Anspruch der Klägerinnen auf Zahlung von je 25.000 DM verjährt.
a) Es handelt sich bei dem Anspruch nicht um einen erbrechtlichen, sondern um einen schuldrechtlichen Anspruch. Die Tatsache, dass die Klägerinnen die Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung eingegangen sind, die im Erbrecht ihre Grundlage hat, bedeutet nicht, dass die Zahlungsverpflichtung, die die Erblasser als Gegenleistung dafür eingegangen sind, im Erbrecht gründet; sie ist rein schuldrechtlicher Natur (§ 241 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie hat ihren Ursprung im zweiten und nicht im fünften Buch des BGBs. Auch aus der von den Klägerinnen vorgelegten Entscheidung des BGH v. 18.4.2007 – IV ZR 279/05 – (Bl. 169 d. A.) ergibt sich nichts anderes, weil diese einen Fall betrifft, der im fünften Buch des BGBs geregelt ist. Die vom BGH angeführte Motivationslage des Gesetzgebers für die Beibehaltung der 30-Jahres-Frist bei erbrechtlichen Ansprüchen, dass bei Ansprüchen unter Verwandten persönliche Rücksichten darauf, ob und wann die gerichtliche Klärung eines Anspruchs sinnvoll erscheint, eher Anerkennung verdienen als im Bereich geschäftlicher Beziehungen, bedeutet nicht, dass rein schuldrechtliche Ansprüche, bei denen diese Motivationslage auch bestehen mag, ebenfalls...