Leitsatz
Die Entscheidung, ob die Genehmigung einer Erbausschlagung, die einen Pflichtteilsanspruch des Betreuten zur Folge hätte, zu erteilen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung aller, nicht nur der finanziellen Belange des Betroffenen.
Die Genehmigung einer Erbausschlagung ist zu versagen, wenn auf diese Weise dem Betreuten als nicht befreitem Vorerben der Stamm des Vermögens erhalten bleibt und aus seinem Ertrag die in der letztwilligen Verfügung vorgesehenen Zuwendungen bestritten werden können.
OLG Köln, Beschluss vom 29. Juni 2007 – 16 Wx 112/07
Sachverhalt
Der Beteiligte zu 3. begehrt im vorliegenden Verfahren für die Betreute die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die von ihm erklärte Ausschlagung der Erbschaft der Beteiligten zu 1. nach dem Tode ihrer am 18.12.2005 verstorbenen Mutter. Das AG hat mit Beschluss vom 18.12.2006 seine Absicht erklärt, die beantragte Genehmigung zu erteilen. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2., des Bruders der unter Betreuung stehenden Beteiligten zu 1., hat das LG diesen Beschluss aufgehoben und die Sache an das AG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. (…)
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 3. als der für die Überprüfung und eventuelle Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs der Beteiligten zu 1. beauftragte Ergänzungsbetreuer. Er macht geltend, nicht die Stellung als Erbin, sondern die Ausschlagung der Erbschaft liege im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten zu 1., weil diese Handhabung es ihr ermögliche, zumindest für eine geraume Zeit ihren Lebensunterhalt, im Wesentlichen also die Kosten ihrer Heimunterbringung, aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Entscheidend sei nicht, wofür das Geld letztlich verwendet werde, sondern dass es der Beteiligten zu 1. überhaupt zufließe. Zudem bestünden gegen die vom LG beabsichtigte Verfahrensweise nicht ausräumbare Bedenken im Hinblick auf die fehlende Kontrolle des Beteiligten zu 2.
Aus den Gründen
Die gem. den §§ 29, 27 FGG zulässige weitere Beschwerde, die der Beteiligte zu 3. erkennbar im Namen der Betreuten eingelegt hat (vgl. OLG Stuttgart NJW 2001, 3484), hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat die Entscheidung des AG zu Recht und mit zutreffender Begründung aufgehoben, weil sie die Interessen der Beteiligten zu 1. nicht ausreichend berücksichtigt.
Die Entscheidung richtet sich nach § 1822 Ziff. 2 BGB iVm § 1901 Abs. 2 und 3 BGB. Danach bedarf die Erklärung der Ausschlagung einer Erbschaft der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes; für die Entscheidung maßgeblich sind nach dem Sinn und Zweck der §§ 1821, 1822 BGB die – nicht allein objektiv zu bestimmenden – Interessen des Betreuten, wobei nicht allein seine finanziellen Interessen zu berücksichtigen sind, sondern alle Belange bei der Entscheidung Berücksichtigung finden müssen. Zum Wohl des Betroffenen gehört es auch, ihm im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ein Leben nach seinen Wünschen und Vorstellungen zu ermöglichen (OLG Bremen, FamRZ 1962, 209; Palandt/Diederichsen, Kommentar zum BGB, 66. Aufl. 2007 § 1822 BGB Rn 4 und § 1901 Rn 3; Staudinger/Engler, Neubearbeitung 2004, § 1821 BGB Rn 5).
Auf dieser Grundlage hat das LG – nach sorgfältiger Würdigung des Inhalts des Testaments der Mutter der Beteiligten zu 1. – zutreffend entschieden. Auch nach Auffassung des Senats entspricht es bei der gegebenen Gestaltung des Testaments – gegen die nach der ständigen Rechtsprechung des BGH grundsätzliche rechtliche Bedenken nicht bestehen (BGHZ 111, 39; BGHZ 123, 368; vgl. dazu auch Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Aufl. 2007, § 138 BGB Rn 50 a) – den Interessen der Beteiligten zu 1. am besten, den Stamm des ihr als nicht befreite Vorerbin zustehenden Vermögens zu erhalten und aus seinem Ertrag in der in der letztwilligen Verfügung vorgesehenen Weise die im Einzelnen genannten Zuwendungen an sie zu bestreiten. Diese Handhabung gewährleistet, sofern sie vom Beteiligten zu 2. pflichtgemäß umgesetzt wird, dass der Beteiligten zu 1. dauerhaft Mittel zufließen, die ihr bei einer Ausschlagung der Erbschaft nicht zur Verfügung stehen würden. Die Umsetzung des letzten Willens ihrer Mutter ist – entgegen der Annahme des Beteiligten zu 3. – nicht allein vom Ermessen des Beteiligten zu 2. abhängig. Nach dem Inhalt des Testaments ist er vielmehr angewiesen, die anfallenden Reinerträge im Interesse der Beteiligten zu 1. einzusetzen. Damit korrespondiert ein Anspruch der Betreuten, dessen Erfüllung sie vom Beteiligten zu 2. verlangen kann. Eine – im Hinblick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beteiligten zu 1. sinnvolle – Einschränkung ergibt sich insoweit nur hinsichtlich der Überlassung von Geldmitteln zur freien Verfügung.
Demgegenüber liegt für die Beteiligte zu 1. ein sachlicher Vorteil nicht darin, für einen überschaubaren Zeitraum die Kosten für ihre Heimunterbringung aus eigenen Mitteln aufbringen zu können. Eine objektive finanzielle Besserstellung liegt darin nicht; für die Betreute macht es im Gegenteil keinen Unterschied, ob d...