1. Die Kettenschenkung gehört seit Jahren zum Standardrepertoire der steueroptimalen Nachfolgeplanung (siehe dazu nur Moench/Albrecht, Erbschaftsteuer, München 2006, Rn 488 ff). Die mit einer Kettenschenkung verbundenen steuerlichen Vorteile beruhen im Wesentlichen darauf, dass die persönlichen Freibeträge mehrfach genutzt werden können und die Zuwendung über eine Zwischenperson zur Anwendung einer günstigeren Steuerklasse führen kann (siehe im Einzelnen u. a. Fromm, DStR 2000, 453; Grziwotz, MDR 2007, 124; Wenhardt, ErbStB 2007, 40). Die Möglichkeit der Kettenschenkung bleibt auch nach Inkrafttreten der geplanten Reform des Erbschaftsteuerrechts (siehe BT-Drks. 16/7918 und BR-Drks. 4/08) erhalten. Im Hinblick auf die (deutliche) Erhöhung der persönlichen Freibeträge (vor allem in Steuerklasse I) und die starke Spreizung zwischen den einzelnen Steuerklassen (vor allem der vorgesehenen Diskriminierung von Erwerbern der Steuerklassen II und III) wird die praktische Bedeutung der Kettenschenkung in Zukunft sogar noch weiter zunehmen. Für die steuerliche Anerkennung der Kettenschenkung ist es entscheidend, dass der Zwischenerwerber in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht über einen eigenen Entscheidungsspielraum verfügt (grundlegend dazu BFH, Urteil vom 10.3.2005, II R 54/03, BStBl II 2005, 412 = ZErb 2005, 219 mit Anm. Daragan = ZEV 2005, 262 mit Anm. Gebel = BB 2005, 1091 = DStR 2005, 864 = DB 2005, 1150 = NJW 2005, 2176 = FamRZ 2005, 1250 mit Anm. Schlünder/Geißler = NotBZ 2005, 376 mit Anm. Otto, wo das Vorliegen einer Kettenschenkung verneint worden ist. Ebenso bereits die Vorinstanz Hessisches FG, Urteil vom 16.9.2003, 1 K 1936/03, EFG 2004, 148 mit Anm. Fumi). Welche Indizien im Einzelfall für oder gegen einen eigenen Entscheidungsspielraum des Zwischenerwerbers sprechen, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Das Einhalten einer gewissen "Schamfrist" zwischen den beiden Schenkungen ("Gras über die Sache wachsen lassen") ist sicherlich hilfreich, aber keineswegs eine Garantie für die steuerlich Anerkennung einer Kettenschenkung. Darüber hinaus schwanken die Empfehlungen zur Dauer der "Schamfrist" von einigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten oder sogar Jahren. Rechtssicherheit besteht insoweit nicht. Entscheidend ist stets eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Dies hat auch das Hessische Finanzgericht in seiner neusten Entscheidung zur Kettenschenkung bestätigt (Urteil vom 24.10.2007, 1 K 268/04, rkr., EFG 2008, 472 mit Anm. Fumi). Aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs der beiden Schenkungen, der inhaltlichen Abstimmung der Verträge und verschiedener weiterer Umstände hat es einen eigenen Entscheidungsspielraum des Zwischenerwerbers verneint. Neu an der Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts ist, dass die Anerkennung der Kettenschenkung – soweit ersichtlich – erstmals auch unter Hinweis auf die Gesamtplanrechtsprechung versagt worden ist. In der Praxis ist bereits seit einiger Zeit zu beobachten, dass die Finanzämter Kettenschenkungen verstärkt prüfen und dabei immer öfter auch einen steuerschädlichen Gesamtplan annehmen oder einen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) unterstellen.
2. a) Das Hessische Finanzgericht hat vereinfacht über folgenden Fall zu entscheiden gehabt: Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 15.1.1999 übertrug die Großmutter G ihrer Tochter T verschiedene Grundstücke unter Vorbehalt eines lebenslangen dinglichen Wohnungsrechts (Erstschenkung). Mit einem weiteren notariellen Schenkungsvertrag vom gleichen Tag übertrug die Tochter T (= Mutter der E) nunmehr den erworbenen Grundbesitz auf ihre Tochter E (= Enkelin der Großmutter G) (Zweitschenkung). An der Zweitschenkung waren neben der Schenkerin T und der Erwerberin E auch die Großmutter G und der Onkel O der Erwerberin E (= Bruder der Mutter T) beteiligt. Die Erwerberin E übernahm das Wohnungsrecht der Großmutter G und verpflichtete sich zur Zahlung eines Ausgleichsbetrags an ihre Mutter T und ihren Onkel O. Diese haben sich ihrerseits hinsichtlich ihrer "Erb-, Erbersatz-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche" nach dem Tode der Großmutter G für abgefunden erklärt und auf weitergehende Erbrechte jeder Art verzichtet. Die Erwerberin E hat ihrer Mutter T und ihren Onkel O ferner von sämtlichen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Großmutter G freigestellt und sämtliche damit verbundenen Verpflichtungen allein übernommen. Sowohl in dem ersten als auch in dem zweiten Schenkungsvertrag wurde jeweils die Auflassung erklärt und die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bewilligt und beantragt. Tatsächlich wurde die Erwerberin E aber unmittelbar als neue Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen; eine Voreintragung der Zwischenerwerberin T ist nicht erfolgt.
b) Das Hessische Finanzgericht geht in Übereinstimmung mit dem Finanzamt davon aus, dass im vorliegenden Fall nicht zwei selbstständige Schenkungen vorliegen (zunächst von der Großmutter G an ihre Tochter T und sodann von der Tochter und Mutter T a...