Einführung
Auch Stiftungen werden Schritt für Schritt in die Diskussion und Regelung der Corporate Governance mit eingebunden. Unternehmensstiftungen (auch: unternehmensnahe Stiftungen) können in diesem Zusammenhang künftig in das Kreuzfeuer dieser Diskussion geraten. Durch Antizipierung und präventive Regelung möglicher Streitpunkte können und sollen Unternehmensstiftungen auch in Zukunft in ruhigen Gewässern segeln.
1. Definition der Unternehmensstiftung
Gebräuchlich sind die Begriffe Unternehmensstiftung und unternehmensnahe Stiftung. Im angelsächsischen Bereich ist der Begriff "Corporate Foundation" üblich. Corporate Foundations blicken im angelsächsischen Bereich auf eine längere Geschichte zurück. Dort wird die Corporate Foundation als eine Stiftung verstanden, die aus einem Unternehmen (nicht von einem Unternehmer) hervorgegangen ist. Im deutschsprachigen Bereich, (Schweiz, Österreich und Deutschland) geht die Definition weiter: Die Stiftung kann auch direkt durch einen Unternehmer (Einzelperson) entstehen.
Charakteristisch ist für die Unternehmensstiftung, dass ihre Förderprojekte mit dem Geldfluss des Unternehmens wie kommunizierende Röhren verbunden sind.
2. Wachstumstrend der Unternehmensstiftungen
Zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte hat die generelle Zahl der Stiftungserrichtungen im Jahr 2007 die Tausender-Marke (1184) durchbrochen. Seit Mitte der 90er-Jahre gibt es einem starken Trend zur Gründung von Unternehmensstiftungen. Hunderte von Unternehmensstiftungen wurden neu gegründet. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser Trend weiter zunehmen wird. Die Stiftungsbranche ist zu einer Wachstumsbranche geworden. Sie trotzt der Finanzkrise von 2008 – ein positives gesellschaftliches Phänomen.
3. Positive Aspekte der Unternehmensstiftung aus der Sicht des Unternehmens
Für das Unternehmen handelt es sich um einen interessanten Kooperationspartner. Es wird ein Forum geschaffen, mit dem zum Beispiel Unternehmensziele auf andere – überzeugendere – Art dargestellt werden kann. Der Grad der Glaubwürdigkeit ist bei einer Stiftung a priori höher als die Glaubwürdigkeit einer Firma.
Die Unternehmensstiftung kann ein neues Mittel am Markt sein. Daran ändern auch vielseitige Bestrebungen der Unternehmen nichts, ihr soziales Engagements im Rahmen von CSR-Projekten (Corporate Social Responsibility) auszudehnen. Maßnahmen im Bereich des CSR sind im Regelfall mit einem direkten Werbeeffekt verbunden, während indessen die Stiftung vom Gemeinwohlcharakter geprägt ist. Im Gegensatz zu anderen markttechnischen Mitteln erscheint eine Unternehmensstiftung rechtlich in besonderem Maße unangreifbar.
4. Negative Gesichtspunkte aus der Sicht des Unternehmens
Bestimmte Fehlentwicklungen bei der Stiftung können zu einem negativen Image führen. Im schlimmsten Fall kann aus der Sicht Dritter die Unternehmensstiftung zur "PR-Abteilung" des Unternehmens "degradiert" werden. Bis ein solches Stadium erreicht wird, muss es zu gravierenden Vorfällen gekommen sein. Höhepunkt der Negativentwicklung wäre, dass durch grobe Fehler der Stiftung das Unternehmen im Rating sinkt.
In der Abwägung dürften die positiven Aspekte für Unternehmen immer dann überwiegen, wenn die Stiftung richtig geführt wird. Damit rücken die formalen organisatorischen Gesichtspunkte der Unternehmensstiftung in der Vordergrund. Wenn eine Unternehmensstiftung bereits formal angreifbar wäre, wird für jeden Dritten, auch wenn er sich nicht mit den Details befasst oder befassen will, dass Negativum rasch erkennbar.
An dieser formalen Messlatte wird auch die Glaubwürdigkeit gemessen. Der Marktwert des Unternehmens kann dadurch sinken, wenn um einen Sportler eine Dopingaffäre kreist, der als Werbeträger für eine Firma auftritt. Es ist daher nach geeigneten Instrumenten zu suchen, die formale Unangreifbarkeit gewährleisten sollen. Dabei gilt das Motto: Prävention ist wichtiger als die nach Jahren gewonnene siegreiche Schlacht.
5. Mögliche Konfliktpotenziale
Im Vordergrund der Stiftung steht das hehre Prinzip der Gemeinnützigkeit. Förderprojekte sollen objektiv gemeinnützig sein.
Die Entscheidungsträger der Stiftung sind diesem Prinzip verpflichtet. Wenn gleichzeitig damit eigene Interessen verfolgt werden sollten, so ist die Frage nach der möglichen Interessenkollision zu stellen. Bei dieser Abwägung spielen folgende Gesichtspunkte eine Rolle:
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Wie groß ist der Grad des eigenen Interesses? |
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Gibt es eine Kollision zwischen dem gemeinnützig geförderten Projekt und den eigenen Interessen der Entscheidungsträger? |
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Ist auch eine Interessenkollision bereits im Vorfeld gegeben, wenn der Anschein einer Interessenkollision besteht? Die Vermeidung des Anscheins einer Kollision spielt eine dominierende Rolle bei der Annahme eines anwaltlichen/steuerrechtlichen Mandats. Zu prüfen ist, ob im Stiftungsrecht die strengen Regeln, wie im Anwaltsrecht, analog gelten sollen. Dies hängt mit der Frage zusammen, ob im Stiftungsrecht grundsätzlich der höchste Maßstab gelten soll. |
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In zunehmendem Maße verlangen die Aktionäre Rechenschaft bezüglich der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung großer Unternehmen. Fraglich ist, ob künftig Aktionäre einen Rechtsanspruch durchsetzen können, dass solche Fragen von dem Unternehmen beantwortet werden müssen. |