Im Urteil des Reichsgerichts vom 27.5.1918 – IV 81/81 (LZ 1918, Spalte 1268, 1269) hinterließ der 1915 verstorbene Erblasser einen 1907 geborenen Sohn, den Alleinerben, nachdem die Ehe bereits 1903 geschieden worden war. Im Testament war Dauervollstreckung angeordnet und bestimmt:
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"Der Test.-Vollstr. soll darüber wachen, dass das Vermögen, welches mein Sohn als Erbe erhält, bis zu dessen 30. Jahre intakt erhalten bleibt. Die Zinsen dürfen für meinen Sohne verwendet werden u. wenn er volljährig geworden ist, ihm zur Verfügung überlassen werden."
Die den minderjährigen Erben versorgende geschiedene Gattin klagte gegen den Sohn, der über den eigenen Bedarf die Bedürftigkeit der Mutter aufgrund Kindererziehung ("Aufgabe ihrer Stellung aus Hausdame") ausgleichen sollte.
Bei der Frage, ob dieses "dürfen" ein "müssen" im Streitfalle sei, bestätigt das RG zunächst unter Verweis auf RGZ 73, 26, dass durch § 2216 Abs. 1 BGB ein derart einklagbarer Anspruch eröffnet werde. Das RG lehnte die Auffassung ab, die streitige Klausel verbiete dem Sohn bzw. dem Testamentsvollstrecker rechtlich die Erlösherausgabe. Das OLG – so referiert vom RG – legte dieses "dürfen" unterhaltsrechtlich aus und lehnte diese rechtlich begründete Verweigerung des Testamentsvollstreckers ab mit dem Hinweis,
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"jene Aufwendungen aus den überschüssigen Zinsen" gebe hier aufgrund der Belange des Erben ihm das Recht, dies auch verlangen zu dürfen im Sinne eines Anspruchs. Sodann unterstellte das RG dem OLG die eigene Rechtsauffassung: "Das OLG. will sagen: Die Verwaltung des sei keine ordnungsgemäße i.S. des Test(aments), wenn der Test.Vollstr. sich unter den gegenw(ärtigen) Verhältnissen weigere, dem Bekl. auch denjenigen Betrag der Zinsen zu gewähren, der zum Unterhalte der Kl. erforderlich sei. Der Bekl. habe deshalb einen rechtl. Anspruch gegen den Test.Vollstr. auf Zahlung dieses Betrags."
Entscheidend ist, dass die Zinsen unstreitig überschüssig waren, d.h. für den Unterhalt auch Sicht des Nachlasses zur Verfügung standen, und die Verweigerung der Erlösauskehr durch den Testamentsvollstrecker vom RG an den gegenwärtigen Verhältnissen gemessen wurde. Der Testamentsvollstrecker hat sich deshalb rechtswidrig verhalten, weil es ihm wirtschaftlich möglich gewesen wäre, die Erlöse herauszugeben. Vorgetragen wurde auf Beklagtenseite nur die rechtliche Unmöglichkeit aufgrund der Klausel. Das RG verwirft nicht nur das von der Beklagtenseite vorgetragene Argument der rechtlichen Unmöglichkeit bei der Auslegung des Testaments, sondern stellt auf die konkrete Nachlasssituation ab, worauf bei § 2216 Abs. 1 BGB zu achten sei.
Daher hat das RG schon in dieser Entscheidung die Entscheidungs- und Ermessensbefugnis des Testamentsvollstreckers auch in dieser konkreten Situation, der Forderung von Unterhalt, nicht rechtlich verworfen, sondern nur dahin erkannt, dass das Ermessen im konkreten Fall rechtswidrig ausgeübt wurde im Sinne von § 2216 Abs. 1 BGB.
Der Entscheidung erkennt auf die grundsätzliche Entscheidungsbefugnis des Testamentsvollstreckers bei der Frage der Erlösauskehr an sowie die Rechtsfolge, dass bei einem Ermessensfehler bei der Entscheidung nach § 2216 Abs. 1 BGB für den Erben ein Anspruch auf Erlösauskehr entstehen kann. Einen "Anspruch" im strengen Sinne können wir dem Urteil nicht entnehmen. Die Entscheidung entspricht daher in der Sache den BGH-Urteilen vom 14.5.1986 und 4.11.1987. Und im Einklang mit BGHZ 25, 275 erkannte das RG das Wohl und Interesse des Erben als rechtlich erheblich dann an, sofern dieser Belang nicht rechtswidrig bzw. ermessensfehlerhaft bei der Entscheidung nach § 2216 Abs. 1 durch den Testamentsvollstrecker berücksichtigt wurde. Das RG erkennt weiterhin an, dass ein solcher Belang vorliegt, sofern ein (hier minderjähriger) Erbe Unterhaltpflichten ausgesetzt ist, die ihn selbst bedürftig machen. Die eigene Bedürftigkeit des Erben leitet das RG aus §§ 1686, 1631 BGB her. Eine konkrete Rechtsgrundlage für den Erben zur Erlösherausgabe nannte das Gericht aber nicht.