Die zulässige Klage ist in der Hauptsache begründet (I.) und unterliegt lediglich im Hinblick auf Zinsansprüche und Nebenforderungen einer teilweisen Abweisung (II.).
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1) bis 3) gem. den §§ 2303 Abs. 1 S. 2, 2306 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Auszahlung ihres Pflichtteils in Höhe des zugesprochenen Betrags von 542.731,70 EUR. Die nach der wirksamen Ausschlagung der Erbschaft i.S.d. § 1945 Abs. 1 BGB als (einziger) Abkömmling i.S.d. § 1754 Abs. 2 BGB pflichtteilsberechtigte Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch (1.) in der Höhe der Hälfte des von ihr hierfür herangezogenen Nachlasswerts hinreichend substantiiert vorgetragen (2.). Der Einwand der Verjährung greift nicht durch (3.).
1.
Die Klägerin ist pflichtteilsberechtigt.
Die Klägerin war zunächst neben den Beklagten zu 1) bis 3) Miterbin zu ¼ aufgrund des Erbvertrags vom 27.1.1967. Die späteren Verfügungen der Erblasserin vom 26.4.2005 und vom 24.2.2009 konnten demgegenüber gem. § 2289 Abs. 1 BGB keine Rechtswirkungen entfalten. Bei der Erbeinsetzung der hiesigen Beteiligten durch den Erbvertrag vom 27.1.1967 handelt es sich um eine vertragsmäßige Verfügung i.S.d. §§ 1941 Abs. 1, 2278 BGB, an die die Erblasserin gebunden war. Auf die Ausführungen des AG Wuppertal im Beschl. v. 6.9.2016 sowie des OLG Düsseldorf vom 14.12.2018, denen sich die Kammer anschließt, wird insoweit Bezug genommen.
Diese Erbschaft der am 3.1.2015 verstorbenen Erblasserin hat die Klägerin gem. den §§ 1944 ff. BGB wirksam ausgeschlagen, sodass ihr diese gem. § 1953 Abs. 1 BGB nicht angefallen ist. Sie hat durch ihr an das AG Wuppertal als zuständige Stelle i.S.d. § 1945 Abs. 1 BGB gerichtetes Schreiben vom 22.1.2019 insbesondere innerhalb der mit der Zustellung des Beschlusses des OLG Düsseldorf vom 14.12.2018 gem. § 1944 Abs. 2 BGB beginnenden Sechs-Wochen-Frist des § 1944 Abs. 1 BGB fristgerecht die hierfür notwendige Erklärung abgegeben.
Die Ausschlagungserklärung der Klägerin erfolgte fristgerecht. Die Frist zur Erbausschlagung beginnt gem. § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB erst mit der Kenntnis über den Anfall der Erbschaft und den Grund der Berufung. Die Kammer geht hierbei mit der wohl herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung davon aus, dass bei mehreren sich widersprechenden, gewillkürten Erbfolgeregelungen jede für sich einen Berufungsgrund darstellt, über den jeweils für sich genommen falsche Vorstellungen den Beginn der Ausschlagungsfrist hindern können (vgl. MüKo-BGB/Leipold, 9. Aufl., § 1944 Rn 4 a.E.; ders., § 1949 Rn 2). Hier hatte die Klägerin zwar von Anfang an vom Tod der Erblasserin Kenntnis; bis zur Entscheidung des OLG Düsseldorf war sie jedoch im Hinblick auf den tatsächlichen Berufungsgrund, den Erbvertrag, durch den Glauben an die Wirksamkeit ihrer Erbeinsetzung durch das spätere Testament im Irrtum. Ein solcher Irrtum hindert die i.S.d. § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB für den Fristbeginn erforderliche Kenntnis über den Berufungsgrund, soweit er beachtlich ist. Dies ist im Fall eines Rechtsirrtums der Fall, wenn die Gründe für den Irrtum nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind (BGH, Urt. v. 19.2.1968 – III ZR 196/65; BGH, Urt. v. 5.7.2000 – IV ZR 180/99, S. 7; Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl., § 1944 Rn 5 m.w.N.; MüKo-BGB/Leipold, 9. Aufl., § 1944 Rn 13; OLG Hamm, Beschl. v. 15.1.2021 – I-10 W 59/20, juris Rn 46). Dies ist hier zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fall (§ 286 ZPO).
a)
Selbst dann, wenn man die Klägerin für den Nachweis ihres den Beginn der Ausschlagungsfrist hemmenden Irrtums für beweisbelastet hält (vgl. MüKo-BGB/Leipold, 9. Aufl., § 1944 Rn.13; a.A. BGH, Urt. v. 5.7.2000 – IV ZR 180/99, S. 8; für den vorliegenden Fall unklar: Staudinger/Otte, BGB, 2017, § 1949 Rn 11), ist ihr dieser Nachweis gelungen. Die Gründe, die zur Unwirksamkeit der testamentarischen Erbeinsetzung führen, ergeben sich aus einer schwer zu erkennenden, dem weiteren Wortlaut des Erbvertrags widersprechenden Bindungswirkung der vertragsmäßigen Verfügung der Erblasserin mit ihrem vorverstorbenen, ersten Ehemann. Die Klägerin hat ihren Irrtum über die Wirksamkeit des zuletzt errichteten Testaments der Erblasserin mit den von ihr hierzu eingeholten anwaltlichen Auskünften von Rechtsanwalt G begründet und dies prozessual durch die Vorlage dessen an sie gerichteten Schreibens vom 8.6.2015 (Bl. 282 f.) und vom 25.6.2015 (Bl.’284 ff.) nachvollziehbar plausibilisiert (vgl. MüKo-BGB/Leipold, 9. Aufl., § 1944 Rn 13). Aus beiden Schreiben ergibt sich, dass Rechtsanwalt G die Auffassung vertritt und begründet, dass der Erbvertrag aus dem Jahr 1967 der Wirksamkeit des sie als Alleinerbin berufenden Testaments aus dem Jahr 2009 nichts im Wege stehe. Im Schreiben vom 25.6.2015 findet überdies eine Auseinandersetzung mit der von Rechtsanwältin H offenbar den Beteiligten zur Kenntnis gebrachten, gegenteiligen Auffassung statt, die Rechtsanwalt G so bewertet, dass ihr nicht zu folgen sei (Bl. 285).
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