Die vorliegende Entscheidung des BGH beruhte auf folgendem Sachverhalt:

Die Erbin legte ein (erstes) notariellen Nachlassverzeichnis vor, welches die Pflichtteilsberechtigten für nicht ausreichend hielten, weil es keine Angaben zum Nachlassvermögen in Österreich enthielt. Offensichtlich war den Pflichtteilsberechtigten bekannt, dass die Erblasserin sich dort häufiger aufhielt und vermuteten deshalb dort Nachlassvermögen.

Daraufhin legte die Erbin ein ergänztes notariellen Nachlassverzeichnis vor, welches nun die Geschäftsbeziehung der Erblasserin zu einer Bank in Kärnten, der Raiffeisenbank Millstättersee, aufführte. Weiteres Nachlassvermögen, insbesondere in Österreich, wurde nicht aufgeführt und auch nicht erwähnt.

Auch dieses Verzeichnis akzeptierten die Pflichtteilsberechtigten nicht. Sie waren der Ansicht, dass der das Nachlassverzeichnis beurkundende Notar weitere Nachforschungen zu Nachlassvermögen in Österreich hätte vornehmen müssen. So hätte er, vorbehaltlich einer entsprechenden Zustimmung der Erbin, Auskünfte von weiteren Banken und Sparkassen in der Umgebung von Millstatt in Kärnten einholen und einen automatisierten Kontaktabruf für ganz Österreich durchführen müssen. Das sei nicht geschehen und damit das Verzeichnis weiter unvollständig.

Dem ist der BGH richtigerweise, und aus Sicht der Notare sicher auch zum Glück, nicht gefolgt. Denn eine andere Entscheidung hätte zu nicht absehbaren Folgen in der Praxis der Notare bei der Errichtung notarieller Nachlassverzeichnisse geführt. Zwar kann der Notar, so führt der BGH aus, das Verzeichnis ohne Mitwirkung des Erben nicht aufnehmen. Vielmehr sei er darauf angewiesen, dass der Erbe ihm die erforderlichen Informationen zur Errichtung des Verzeichnisses zur Verfügung stellt. Unklar war aber, wie weit die zweifelsohne dem Grundsatz nach bestehende eigene Ermittlungspflicht des Notars geht.

Im hier vorliegenden Fall ging es um die Frage, inwieweit der Notar verpflichtet ist, weitere Konten der Erblasserin in Österreich zu ermitteln, nachdem nun das eine Konto der Erblasserin bei der Raiffeisenbank Millstatt nachträglich in dem Verzeichnis ergänzt worden war.

Die Pflichtteilsberechtigten hatten keinerlei Kenntnisse oder Hinweise zu weiteren Beziehungen der Erblasserin nach Österreich, außer zu dem ihnen bekannten Ort in Kärnten. Dennoch verlangten sie eine Abfrage bei sämtlichen Banken und Sparkassen zu weiteren denkbaren Konten der Erblasserin ins Blaue hinein.

Ein solcher Anspruch besteht aber gerade nicht. Sinn und Zweck des Anspruchs auf ein notarielles Nachlassverzeichnis ist es, dass dieses dem Pflichtteilsberechtigten eine sehr hohe Gewähr dafür bietet, dass der Nachlass darin vollständig und richtig erfasst ist. Darum hat der Notar auch die Pflicht, den Bestand selbst und eigenständig zu ermitteln. Er verantwortet den Inhalt des Verzeichnisses als eigene Erklärung seiner Feststellungen zum Nachlass.

Allerdings, so hat der BGH nun festgestellt, muss er dabei keine detektivischen Nachforschungen anstellen und jeder noch so vagen Vermutung der Pflichtteilsberechtigten nachgehen. Er hat vielmehr diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Pflichtteilsberechtigten für erforderlich halten würde. Dieser objektive Maßstab ist ganz entscheidend, sieht sich der Notar doch regelmäßig den sehr subjektiven Ansichten der Erben einerseits und der Pflichtteilsberechtigten andererseits ausgesetzt. Hier kann er die gebotene Neutralität nur wahren, wenn er das Verfahren, wie der BGH nun bestätigt, weitestgehend frei gestalten kann und den Umfang seiner Ermittlungen nur an einem objektiven Maßstab ausrichten muss.

Der Notar darf sich dabei weder nur auf die Angaben des Erben beschränken und diese lediglich auf Plausibilität prüfen noch muss er ohne konkrete Anhaltpunkte in alle denkbaren Richtungen ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren.

In der Praxis wird es daher in der Regel genügen, wenn der Notar die von dem Erben zur Verfügung gestellten Informationen zum Nachlass ausführlich prüft. Parallel sollte er eigene Abfragen bei örtlichen Banken und Grundbuchämtern veranlassen, da Grundbesitz und Bankverbindungen in der Regel einen nahen Bezug zum Wohnort der Betreffenden haben werden.

Weiter wird der Notar eigene Ermittlungen dann anstellen müssen, wenn sich aus den ihm vorgelegten Informationen Anhaltspunkte auf weiteres Vermögen ergeben. Das könnten Abbuchungen auf dem ihm mitgeteilten Konto sein, die auf ein weiteres, dem Notar bisher unbekanntes Konto hinweisen. Das könnten Zahlungsströme sein, die eine Immobilie, beispielsweise ein Ferienhaus, betreffen. Hier würde ein objektiver Dritter weitere Nachforschungen anstellen.

Auch können die Angaben des Pflichtteilsberechtigten den Notar veranlassen, weitere Ermittlungen anzustellen. Legt der Pflichtteilsberechtigte konkrete Anhaltspunkte z.B. dafür vor, dass der Erbe auch eine enge Beziehung zu einem anderen Ort hatte, kommt eine Konten- und Grundbuchabfrage im räumlichen Um...

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