Funktionsvermengungen müssen soweit wie möglich vermieden werden. Der Notar berät, beurkundet, beglaubigt; er ist kein Streitentscheider. Der Richter verdient an den Parteien nichts. Was würde die Öffentlichkeit (und die Gegenpartei) sagen, wenn ein Richter im Gerichtsgebäude zugleich eine Pension für auswärtige Anwälte betreiben würde ?

Der Notar wird in § 1 BNotO zwar als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes bezeichnet. Tatsächlich aber ist der Notar zugleich Geschäftsmann, weil er aus den erwirtschafteten Gebühren (KostO) sein Einkommen bezieht, nicht aber (wie ein Richter) vom Staat besoldet wird. Dem Richter kann das Wohlwollen der Partei gleichgültig sein, dem Notar nicht. Der Anwaltsnotar schließlich hat eine merkwürdige Doppelstellung: Als Anwalt ist er Parteivertreter, als Notar unabhängig und nicht Vertreter einer Partei (§ 14 BNotO); als Notar rechnet er nach der KostO ab, als Anwalt nach dem RVG. Ist der Nurnotar oder Anwaltsnotar zugleich Nachlassrichter, soll er sogar zwei oder drei gegensätzliche Stellungen in sich vereinigen, ein kaum zu lösender Spagat.

Lässt der Vorstand der örtlichen Sparkasse laufend die Grundschulden beim selben Notar beurkunden und tritt er dann einmal als angeblicher Erbe seiner reichen Tante mit einem dunklen Testament als Erbscheinsantragsteller auf, dann kostet die Ablehnung des Erbscheinsantrags den Notar einen wesentlichen Wegfall der künftigen Gebühreneinnahmen, wenn sich nun der Sparkassenvorstand aus Verärgerung einen anderen Notar sucht.

Die geplante Übertragung der Aufgaben der Nachlassgerichte auf die Notare ist somit aus vielen Gründen unzweckmäßig und sollte daher unterbleiben.

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