Das Rechtsmittel ist zulässig, jedoch nicht begründet, soweit die Beteiligte Ziff. 1 die Erteilung des in Ziff. 2 des Vorbescheids angekündigten Erbscheins begehrt.
Das LG hat den Erbvertrag dahin ausgelegt, dass die Bedingung, unter der die Beteiligte Ziff. 1 auch von der Beschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB befreit war, nicht eingetreten ist. Die Auslegung eines Erbvertrags ist vom Gericht der weiteren Beschwerde nur darauf zu überprüfen, ob sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung – ohne zwingend sein zu müssen – möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln im Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen, darunter auch das Interesse der Beteiligten zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung, berücksichtigt (Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rn 49). Die vom LG vorgenommene Auslegung genügt diesen Anforderungen. Nach dem Wortlaut des Erbvertrags sollte die Beteiligte Ziff. 1 als Vorerbin nur dann von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit sein, wenn der Sohn des Ehemannes "trotz der im heutigen Erbvertrag angeordneten Pflichtteilsentziehung den Pflichtteil verlangt und durch ein Gericht zugesprochen erhält". Die Eheleute waren von dem Notar darüber belehrt worden, dass die Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung sehr zweifelhaft ist. Sie haben für möglich gehalten, dass sich der Sohn der angeordneten Pflichtteilsentziehung nicht beugen, sondern den Pflichtteil verlangen, auch vor einem Rechtsstreit nicht zurückschrecken und vor Gericht obsiegen wird. In diesem Fall also sollte die Vorerbin auch ohne die Zustimmung der Nacherbinnen mit Wirkung gegen diese über Nachlassgrundstücke verfügen können. Da die Befreiung davon abhing, dass ein Gericht dem Sohn den Pflichtteil zusprach, haben die Eheleute vorausgesetzt, dass die Beteiligte Ziff. 1 ein außergerichtliches Pflichtteilsverlangen des Sohnes zurückweist. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Entscheidung darüber, ob die Entziehung des Pflichtteils wirksam oder unwirksam ist, nach dem Willen der Eheleute der Beteiligten Ziff. 1 oder einem von ihr zu Rate gezogenen Rechtsanwalt obliegen und die Befreiung von der Beschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB auch dann eintreten sollte, wenn die Beteiligte Ziff. 1 die Pflichtteilsentziehung nach anwaltlicher Beratung für unwirksam hielt und den Pflichtteil ausbezahlte. In dem vorliegenden Verfahren könnte zwar der Frage nachgegangen werden, ob der Sohn ohne die Zahlung der Beteiligten Ziff. 1 Klage erhoben und diese bei richtiger Rechtsanwendung durch das zuständige Gericht erfolgreich gewesen wäre. Auch wenn dies zu bejahen wäre, bliebe es aber dabei, dass der Pflichtteil nicht von einem Gericht zugesprochen worden ist, die Beteiligte Ziff. 1 die Hürden, die ihr Ehemann dem Pflichtteilsverlangen seines Sohnes entgegensetzen wollte, in ihrem eigenen finanziellen Interesse aus dem Weg geräumt und sich damit – für den Sohn ersichtlich – über die Wünsche ihres verstorbenen Mannes hinweggesetzt hat. Dass der Ehemann sie auch in diesem Fall von der Beschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB befreien wollte, kann nicht angenommen werden, zumal die Beteiligte Ziff. 1 selbst vorgetragen hat, er sei ein autoritärer Patriarch gewesen und habe unbedingten Gehorsam von ihr verlangt.
Der Aufhebung von Ziff. 2 des Vorbescheids steht auch nicht entgegen, dass die Beteiligte Ziff. 2 eine außergerichtliche Einigung über den Pflichtteilsanspruch befürwortet hat. Selbst wenn sie zugesagt hätte, die außergerichtliche Einigung wie ein Gerichtsurteil im Sinne des Erbvertrags ansehen zu wollen, hätte die Beteiligte Ziff. 1 hieraus nur einen – nicht von den Voraussetzungen des § 2120 BGB abhängigen – Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu einer Verfügung über ein Nachlassgrundstück gegen die Beteiligte Ziff. 2 herleiten können. Dies änderte nichts daran, dass die Bedingung, unter der die Beteiligte Ziff. 1 von der Beschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB befreit war, nicht eingetreten ist und der Erbschein, dessen Erteilung das Nachlassgericht in dem Vorbescheid angekündigt hat, unrichtig wäre.
Soweit die Beteiligte Ziff. 2 auch begehrt hat, Ziff. 1 des Vorbescheids aufzuheben und das Nachlassgericht anzuweisen, den Erbschein vom 1.2.2005, in dem im Übrigen die Angabe fehlt, unter welcher Voraussetzung die Nacherbfolge eintritt (§ 2363 BGB), aufrechtzuerhalten, war die Beschwerde dagegen unzulässig. Der Nacherbe kann nicht die Erteilung eines Erbscheins an den Vorerben beantragen (Palandt/Edenhofer, BGB, 67. Aufl., § 2363 Rn 1). Die Einziehung des dem Vorerben erteilten Erbscheins beeinträchtigt kein Recht des Nacherben und dieser hat kein Beschwerderecht gegen die Einziehung (BayObLGZ 1961, 200; BayObLGZ 1975, 62). (...)