Leitsatz
Dem vom Erblasser wirksam ernannten Testamentsvollstrecker ist auf Antrag ein Testamentsvollstreckerzeugnis auch dann zu erteilen, wenn bereits ein Entlassungsantrag gestellt ist. Für eine Prüfung, ob ein Entlassungsgrund vorliegt, ist im Zeugniserteilungsverfahren regelmäßig kein Raum.
OLG München, Beschluss vom 3. Mai 2010 – 31 Wx 034/10
Sachverhalt
Der Erblasser ist am xxx im Alter von 87 Jahren verstorben. Seine erste Ehefrau ist 1969 vorverstorben; die Beteiligten zu 2 bis 5 sind die Kinder aus dieser Ehe. Die Beteiligte zu 1 ist die zweite Ehefrau des Erblassers.
Anlässlich ihrer Heirat schlossen der Erblasser und die Beteiligte zu 1 am 26.8.1977 einen Erbvertrag, den sie mit einer vom Erblasser geschriebenen und von beiden Ehegatten unterschriebenen Verfügung vom 9.11.2006 aufhoben. Mit eigenhändigem Testament vom 11.1.2008 setzte der Erblasser die Beteiligten zu 2 bis 5 als Erben ein. Die Beteiligte zu 1, die als Vermächtnisnehmerin Leibrente, Hausrat und Wertpapiere erhielt, bestimmte er zur Testamentsvollstreckerin. Zwei Nachträge zu diesem Testament sowie mehrere weitere letztwillige Verfügungen enthalten Zuwendungen von Einzelgegenständen.
Die Beteiligte zu 1 beantragte die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Die Beteiligten zu 2 bis 5 traten dem entgegen mit der Begründung, der Erbvertrag vom 26.8.1977 sei nicht wirksam aufgehoben. Außerdem lägen mehrere Abberufungsgründe vor, sodass eine Bestellung der Beteiligten zu 1 zur Testamentsvollstreckerin nicht in Betracht komme.
Mit Beschluss vom 29.7.2009 kündigte das Nachlassgericht an, der Beteiligten zu 1 das beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 bis 5 wies das Landgericht zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde. Das Testamentsvollstreckerzeugnis wurde der Beteiligten zu 1 am 5.2.2010 erteilt.
Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde ist zulässig mit dem Ziel der Einziehung des inzwischen erteilten Testamentsvollstreckerzeugnisses. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vorliegen.
1. Nach § 2368 Abs. 1 Satz 1 BGB hat das Nachlassgericht auf Antrag einem Testamentsvollstrecker ein Zeugnis über die Ernennung zu erteilen. Voraussetzung für die Erteilung ist, dass wirksam Testamentsvollstreckung angeordnet ist, der Testamentsvollstrecker wirksam ernannt ist und er das Amt angenommen hat. Ferner ist zu prüfen, ob die Testamentsvollstreckung gegenstandslos oder das Amt aus einem sonstigen Grund bereits erloschen ist. Denn grundsätzlich wird kein Zeugnis erteilt, das von Anfang an wieder eingezogen werden müsste (vgl. MüKoBGB/Mayer 5. Aufl. § 2368 Rn 12). Ist die Testamentsvollstreckung schon wieder beendet, nachdem sie bestanden hatte, kommt die Erteilung eines Zeugnisses hierüber mit dem Vermerk der Beendigung in Betracht (vgl. OLG Stuttgart, OLGZ 1979, 387).
2. Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Zeugnisses vorliegen. Sie haben zutreffend die letztwillige Verfügung vom 11.1.2008 und die darin enthaltene Anordnung der Testamentsvollstreckung für wirksam und maßgeblich für die Erbfolge erachtet. Der Erbvertrag vom 26.8.1977 ist durch die Verfügung vom 9.11.2006, die ein formgültiges gemeinschaftliches Testament der Ehegatten darstellt, wirksam aufgehoben (§ 2292 iVm §§ 2265, 2267 BGB). Die Beteiligte zu 1 ist gemäß § 2197 Abs. 1 BGB vom Erblasser durch Testament zur Testamentsvollstreckerin ernannt; Umstände, die zur Unwirksamkeit der Ernennung durch den Erblasser führen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Beteiligte zu 1 hat das Amt angenommen (§ 2202 BGB).
Das Amt der Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstreckerin ist auch nicht gegenstandslos oder aus einem sonstigen Grund bereits erloschen. Denn es führt nicht zur Beendigung des Amtes, dass ein Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers gestellt wird. Die Beendigung des Amtes des Testamentsvollstreckers wird erst durch die konstitutive Entscheidung des Nachlassgerichts über die Entlassung herbeigeführt (§ 2227 Abs. 1 BGB). Das Amt des Testamentsvollstreckers endet mit der Zustellung des Entlassungsbeschlusses (§ 16 FGG; für nach dem 1.9.2009 eingeleitete Verfahren §§ 40, 41 FamFG). Solange das nicht der Fall ist, hat er das Amt inne und demzufolge Anspruch auf das zu seiner Legitimation dienende Testamentsvollstreckerzeugnis.
Im Verfahren betreffend die Erteilung des Zeugnisses kommt es deshalb entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts nicht darauf an, ob ein behaupteter wichtiger Grund für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers tatsächlich vorliegt, wenn es um die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht nach § 2200 BGB geht, denn ein nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählender Testamentsvollstrecker ist für die Aufgabe ungeeignet, wenn von vornherein das Vorliegen oder spätere Entstehen eines Entlassung...