Leitsatz
1. Das Verfahren zur Feststellung des gesetzlichen Erbrechts des Staates ist jedenfalls dann durchzuführen, wenn infolge erfolgter Ausschlagungen vorrangiger Erben das Erbrecht des Fiskus in Betracht kommt und dessen Feststellung durch einen Nachlassgläubiger zum Zwecke der Durchsetzung von Forderungen gegen den Nachlass angeregt wird.
2. Die Werthaltigkeit des Nachlasses ist lediglich bedeutsam für die Frage des Umfangs der gebotenen Ermittlungen, ob Erbrechte Dritter gegeben sind, nicht aber für die Entscheidung selbst, ob überhaupt ein Feststellungsverfahren durchzuführen ist.
OLG München, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 31 Wx 164/11
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist Nachlassgläubigerin des Anfang 2008 verstorbenen Erblassers. Der Verstorbene hinterließ drei erwachsene Kinder, die mit notariellen Erklärungen vom 8.2.2008 und 21.2.2008 die Erbschaft jeweils mit Wirkung für sich selbst und ihre Kinder aus jedem möglichen Berufungsgrund ausschlugen. Die Ehefrau des Erblassers ist bereits 1997 vorverstorben. Weiterhin hinterließ der Verstorbene einen Bruder, dessen Adresse bekannt ist. Der Aktivwert des Nachlasses beträgt ca. 120 EUR, dem Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von ca. 800 EUR gegenüberstehen.
Die Beschwerdeführerin hat die Einleitung eines Feststellungsverfahrens nach § 1964 BGB beantragt, da sie Ansprüche als Vermieterin gegen den Erblasser in Höhe von ca. 9.000 EUR geltend mache. Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Ein solcher Antrag auf Feststellung des Fiskalerbrechts sei gesetzlich nicht vorgesehen. § 1964 BGB komme erst dann zum Tragen, wenn im Rahmen der Erbenermittlungspflicht des Nachlassgerichts Anhaltspunkte dafür bestünden, dass kein anderer Erbe als der Fiskus vorhanden ist. Im vorliegenden Verfahren sei aber das Nachlassgericht gerade nicht verpflichtet, die Erben zu ermitteln. Vielmehr sei das Verfahren nach Art. 37 BayAGGVG eingestellt worden. Die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Nachlassgläubigerin ihr Ziel weiter.
Aus den Gründen
Die zulässige weitere Beschwerde führt unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Zurückverweisung an das Nachlassgericht. Zu Unrecht sind die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des Verfahrens auf Feststellung des gesetzlichen Erbrechts des Staates nicht gegeben sind. Demgemäß war das Nachlassgericht auch anzuweisen, das Feststellungsverfahren im Sinne der §§ 1964, 1965 BGB durchzuführen.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin könne keine Feststellung eines Fiskuserbrechts nach § 1964 BGB verlangen. Das Nachlassgericht sei bereits nicht zu weiteren Ermittlungen nach möglichen Erben verpflichtet. Nach § 1964 BGB habe das Nachlassgericht festzustellen, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, wenn der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt werde. Dem Beschluss nach § 1964 BGB müssten demnach Ermittlungen zur Feststellung der Erben vorausgehen. Zutreffend weise die Beschwerdeführerin darauf hin, dass allein die Überschuldung des Nachlasses oder ein nur geringfügiger Nachlass nicht von der dem Nachlassgericht grundsätzlich obliegenden Pflicht zur Erbenermittlung entbinde. Umfang und Dauer der Erbenermittlung stehe jedoch im Ermessen des Nachlassgerichts. Die durch Ermittlungsmaßnahmen anfallenden Kosten und deren Verhältnis zum Nachlasswert seien entscheidende Kriterien im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung. Für den Freistaat Bayern sei zudem in Art. 37 BayAGGVG geregelt, dass die Ermittlung der Erben von Amts wegen dann unterbleibe, wenn zum Nachlass kein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht gehöre und nach den Umständen des Falles anzunehmen sei, dass ein die Beerdigungskosten übersteigender Nachlass nicht vorhanden ist. Die landesrechtliche Vorschrift stehe nicht – wie die Beschwerdeführerin meine – in Widerspruch zum Bundesrecht. Sie konkretisiere lediglich das dem Nachlassgericht gerade auch nach § 1964 BGB hinsichtlich der Erbenermittlung zustehende Ermessen. Außerhalb der Pflicht des Nachlassgerichts zur Erbenermittlung von Amts wegen sehe das Gesetz eine Verpflichtung des Nachlassgerichts zur Erbenermittlung auf Antrag von Nachlassgläubigern oder sonst bei Vorliegen eines berechtigten Interesses eines Dritten gerade nicht vor. Vorliegend habe das Nachlassgericht die Ermittlungen zu möglichen gesetzlichen Erben auf die durch das Antwortschreiben der Tochter des Verstorbenen erlangten Informationen zu gesetzlichen Erben beschränkt und von weiteren Ermittlungen nach Art. 37 BayAGGVG abgesehen, da weder ein Grundstück noch ein grundstücksgleiches Recht zum Nachlass gehöre und auch sonst kein die Beerdigungskosten übersteigendes Nachlassvermögen bekannt wäre. Der Verzicht auf weitere Ermittlungen bewege sich innerhalb des dem Nachlassgericht insoweit zustehenden und nach Art. 37 BayAGGVG ausgestalteten pflichtgemäßen Ermessens und sei daher nic...