Der Gesetzgeber hat mit seiner Reform, wie oben angedeutet, den Stifterwillen stärken wollen, vgl. hierzu § 83 Abs. 2 BGB n.F. Ob ihm das gelungen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Jedenfalls hat er in § 85 Abs. 4 BGB n.F. vorgesehen, dass der Stifter im Stiftungsgeschäft die oben dargestellten drei Satzungsänderungsfälle ausschließen, beschränken oder abweichend regeln kann. Abweichend ist auch im Sinne von erweiternd zu verstehen. Im Fall der abweichenden Regelung durch den Stifter sind gem. § 85 Abs. 4 S. 3 BGB n.F. Satzungsbestimmungen nur wirksam, wenn der Stifter Inhalt und Ausmaß der Änderungen hinreichend bestimmt festlegt.
Diese auf den ersten Blick liberal erscheinende Regelung wirft viele Fragen auf. So ist schon fraglich, was unter Stiftungsgeschäft zu verstehen ist. Zieht man den Wortlaut von § 81 Abs. 1 BGB n.F. heran, enthält das Stiftungsgeschäft die Stiftungssatzung. Deshalb ist es konsequent, wenn § 85 Abs. 4 S. 2 BGB n.F. so ausgelegt wird, dass der Stifter auch in der Satzung Inhalt und Ausmaß späterer Änderungen festlegen kann, also nicht nur in der unmittelbaren Erklärung des Stiftungsgeschäfts. Betrachtet man sich ferner den Wortlaut des § 85 Abs. 4 S. 2 BGB n.F., fällt auf, dass der Stifter Satzungsänderungen durch Organe der Stiftung abweichend zulassen kann, was bedeutet, dass im Stiftungsgeschäft (= Stiftungserklärung und Satzung) nur zu regeln ist, dass die Stiftungsorgane diese Kompetenz haben. Wo der Stifter Inhalt und Ausmaß möglicher Satzungsänderungen festlegt, ob im Stiftungsgeschäft, der dazugehörigen Satzung oder an anderer Stelle, lässt das Gesetz offen.
Was den Umfang und die Präzision der Änderungsermächtigung für die Stiftungsorgane durch den Stifter betrifft, so wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung eine Blanko- oder Pauschalermächtigung vermeiden. Der Stifter soll Leitlinien und Orientierungspunkte vorgeben. Damit reicht es nicht aus, wenn der Stifter in der Stiftungsatzung dem Stiftungsvorstand das Recht einräumt, nach eigenem Ermessen die Satzung anzupassen, wenn dies die Stiftungsarbeit erleichtert. Andererseits führt gerade der Ewigkeitscharakter einer Stiftung dazu, dass die Anforderungen nicht überzogen werden dürfen, da die Regelung ansonsten keine sinnvolle Anwendung erfahren würde. So wird in der Literatur die hinreichende Bestimmtheit angenommen, wenn der Ermächtigungstatbestand selbst Rechtsbegriffe wie eine "wesentliche Veränderung der Verhältnisse" enthält. Nach der Gesetzesbegründung sind die Anforderungen an die Bestimmtheit umso höher, je bedeutsamer die Änderungsermächtigung für die Stiftung ist. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für eine Satzungsänderung gem. § 85 Abs. 4 BGB n.F. vorliegen, trifft das Stiftungsorgan. Die Aufsicht hat zwar die Satzungsänderung zu genehmigen, doch obliegt der Stiftungsaufsicht regelmäßig nur die Rechtsaufsicht, nicht die Fachaufsicht. Sie kann also nicht ihr eigenes Ermessen bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen vorliegen, an die Stelle der Entscheidung der Stiftungsorgane setzen. Sie kann auch keine Zweckmäßigkeitsüberlegungen der Stiftungsorgane kontrollieren, sondern lediglich überprüfen, ob die getroffene Entscheidung aus rein rechtlicher Sicht zutreffend war, also z.B. der Stiftungsvorstand die rechtlich geforderten Voraussetzungen tatsächlich herangezogen und gewürdigt hat. Ob die Aufsicht das Ergebnis der Entscheidung des Vorstands teilt, ist nicht Bestandteil einer Rechtsaufsicht.
Praxistipp:
Für die hinreichende Bestimmung von Satzungsänderungen empfiehlt es sich, wenn Stifter umschreiben, wann sie in der Zukunft eine Satzungsänderung für sinnvoll erachten würden. Damit die Intentionen des Gesetzgebers beachtet werden, könnte auch versucht werden, weniger auf die einzelnen Fallmerkmale zu schauen, sondern vor allem zu beschreiben, welche Folgen sie nicht wünschen. Daraus könnte eine Verpflichtung für den Stiftungsvorstand oder ein anderes Stiftungsorgan abgeleitet werden, diese Folgen zu vermeiden, und dies mit einer Änderungsermächtigung zu verbinden.