Unentgeltliche Rechtsdienstleistungen sind unter den Voraussetzungen des § 6 RDG im Wesentlichen zulässig. "Unentgeltlich" ist nicht jede kostenlose Einzelleistung, sondern nach § 6 Abs. 1 RDG nur eine solche, die in keinem Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht. Eine Bank kann daher auch unter Geltung des RDG keine "kostenlose" Erbrechtsberatung für seine Kunden anbieten, da zumindest ein Zusammenhang mit der entgeltpflichtigen Kontoführung vorliegt. Ob die Gegenleistung an den Dienstleistenden selbst oder auf dessen Veranlassung an einen Dritten und ob sie von dem Rechtsuchenden selbst oder von einer anderen Person erbracht werden soll, ist demgegenüber ohne Belang.
Stets zulässig ist die unentgeltliche Beratung gegenüber Familienangehörigen, Nachbarn und innerhalb ähnlich enger persönlicher Beziehungen. Hiermit ist der Bekanntenkreis gemeint. Dies sind nicht nur die persönlichen Freunde, sondern schließt auch Arbeitskollegen, Vereins- und Freizeitbekanntschaften mit ein. Der Maßstab ist also nicht streng, eine Beziehung auf persönlicher Ebene wird jedoch vorausgesetzt.
Auch außerhalb des persönlichen Nähebereichs ist eine unentgeltliche Rechtsdienstleistung gem. § 6 Abs. 2 RDG erlaubt, es besteht jedoch eine Pflicht zur Beteiligung einer juristisch qualifizierten Person. Hierbei muss es sich regelmäßig um einen "Volljuristen" handeln. Dieser braucht die Rechtsdienstleistung nicht persönlich zu erbringen. Vielmehr genügt es, dass die Rechtsdienstleistung unter seiner Anleitung erbracht wird, was insbesondere in allen größeren karitativ tätigen Einrichtungen eine Rolle spielen dürfte. Die juristische Anleitung erfordert keine ständige Präsenz des Volljuristen in der beratenden Einrichtung. Ausreichend sind eine Grundanleitung oder Einweisung und die Möglichkeit einer einzelfallbezogenen Anleitung in besonders schwierigen Fällen.
Durch § 6 Abs. 2 RDG wird u. a. für Stiftungen ein rechtlich zuverlässiger Rahmen geschaffen, unentgeltlich tätig zu werden. Durch die Einschaltung von Volljuristen wird der Schutz vor unqualifizierter Rechtsberatung gewährleistet. Angesichts der Haftungsgefahren, die mit rechtlicher Beratung verbunden sind, und im Interesse der Schonung des Stiftungsvermögens wäre eine obligatorische Haftpflichtversicherung für Berater außerhalb des Nähebereichs wünschenswert gewesen. Eine solche Pflicht sei aber für kleine karitative Einrichtungen und Einzelpersonen eine zu unverhältnismäßige Belastung.
In anderen Ländern, insbesondere den USA und Großbritannien, ist die Pro-Bono-Beratung zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor und Instrument der Imagewerbung geworden. Rechtsanwälte in Deutschland müssen jedoch § 49 b Abs. 1 BRAO beachten, wonach eine Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren nur im Einzelfall in Betracht kommt. Dies wäre etwa bei besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers, insbesondere dessen Bedürftigkeit, der Fall. In außergerichtlichen Angelegenheiten erlaubt § 4 Abs. 2 RVG ferner die Vereinbarung von Pauschal- und Zeitvergütungen, die niedriger sind als die gesetzlichen Gebühren. Die vereinbarten Gebühren müssen dabei in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen. Doch schließt dies einen Gebührenverzicht des Anwalts nicht aus, wenn besondere Gründe wie ein persönliches Näheverhältnis zum Mandanten oder dessen schwierige finanzielle Lage dies rechtfertigen. Vor dem Hintergrund der auf weitgehende Freigabe der unentgeltlichen Rechtsberatung gerichteten Zielsetzung des RDG sollten sowohl § 49 b Abs. 1 BRAO als auch § 4 Abs. 2 RVG großzügig interpretiert werden.