Weitere Voraussetzung der Befreiung in allen Fällen der Buchst. b) und c) ist, dass der Erblasser zuvor bis zu seinem Tod, aber ohne Mindestdauer wenigstens eine Wohnung auf dem bebauten Grundstück zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder daran aus "zwingenden Gründen" gehindert war, also regelmäßig die Entscheidung, das Grundstück nicht zu nutzen, nicht freiwillig traf. Der Erblasser wird deshalb zunächst dann aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert gewesen sein, wenn er – etwa in hohem Lebensalter – aus gesundheitlichen Gründen z. B. in einem Pflegeheim leben musste oder sich längere Zeit in einem Krankenhaus, Sanatorium oder auch ggf. einer Haftanstalt vor dem Tod aufgehalten hat. Aber auch z. B. ein dauerhaftes oder befristetes Arbeitsverhältnis im Ausland sollte – obschon regelmäßig freiwillig begründet – unschädlich sein, wenn nicht aufgrund noch in gewisser Regelmäßigkeit stattfindender Familienheimfahrten eine Selbstnutzung auch durch den Erblasser in diesem Fall ohnehin zu bejahen ist. Dies entspräche zumindest in der Konsequenz der Erkenntnis, dass gerade in einer umfassenderen Rezession wie im Moment auch örtliche Beweglichkeit von Arbeitnehmern verlangt wird, die ihren Arbeitsplatz behalten oder einen neuen Arbeitsplatz erhalten wollen. Wenn eine fehlende Umzugsbereitschaft ggf. sogar mit Kürzungen bei Leistungen beim Arbeitslosengeld sanktioniert wird, ist es wohl notwendig, im (nachgewiesenermaßen!) berufsbedingten Umzug einen zwingenden Grund auch ggf. für die Aufgabe der Wohnnutzung im Nachsteuerzeitraum zu sehen. In den bisherigen Entwürfen zu Erlassen zum ErbStG ab 1.1.2009 scheint die Finanzverwaltung aber hier einen strengeren Standpunkt zu vertreten.
Schließlich muss der Erwerber unverzüglich die Wohnung "zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" bestimmen. Das bedeutet, dass er die vom Erblasser zuvor bewohnte Wohnung nunmehr selbst bewohnen muss. Bei Eheleuten und Lebenspartnern ist davon auszugehen, dass im Regelfall nur eine Fortdauer der Eigennutzung, kein Erstbeginn, in Betracht kommt, weil beide, auch der Überlebende, die Wohnung zuvor bereits selbst genutzt haben. Unverzüglich wird erforderlich sein, ähnlich der zivilrechtlichen Legaldefinition in § 121 Abs. 1 BGB ("ohne schuldhaftes Zögern"), sobald wie möglich faktisch einzuziehen ist und ggf. auch rechtlich in das Mietverhältnis des Erblassers einzutreten, wenn es nach dem Vorstehenden überhaupt zu einer Nutzungs- und/oder Rechtsänderung beim Überlebenden kommt. Ausnahmen werden wiederum bestehen, wenn auch der überlebende Ehepartner z. B. in einem Pflegeheim wohnt bzw. regelmäßig wohnen muss.
Die Vorschriften der Buchst. b) und c) stehen unter dem Nachsteuervorbehalt nach Satz 2, dass die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit wegfällt, wenn der Erwerber die Selbstnutzung innerhalb von 10 Jahren aufgibt, außer er sei an ihrer Fortsetzung aus zwingenden Gründen gehindert. Die 10-Jahres-Frist wird stichtagsgenau seit dem Erwerb beginnend zu berechnen sein. Die zwingenden Hinderungsgründe, die die Selbstnutzung vereiteln, werden sich wie beim Erblasser bestimmen. In Betracht kommen insbesondere bei älteren Ehepaaren der Umzug des Überlebenden in ein Pflegeheim, Tod etc. Eine Weiterschenkung mit Vorbehalt eines Nießbrauchs bzw. Wohnrechts dürfte für die Steuerfreiheit des vorhergehenden Erwerbs unschädlich sein, solange die Selbstnutzung des überlebenden Erwerbers fortdauert. Dagegen wird eine entgeltliche Weiterveräußerung – auch bei Fortdauer der Wohnnutzung, ggf. bei Rückbehalt von Nießbrauch oder Wohnrecht – immer als schädlich angesehen. Dies entspricht nicht immer unbedingt dem Gesetzeswortlaut, aber der in der Gesetzesbegründung schon angeklungenen Absicht des Gesetzgebers, hier den Fortbestand des Objekts im Familienbesitz zu schützen und nur eine durch Steuerzahlung erzwungene Veräußerung zu vermeiden. Bei späterer freiwilliger Veräußerung scheint die Schutzbedürftigkeit der überlebenden engsten Angehörigen bezüglich des Familienheims deshalb auch bei fortdauernder Wohnnutzung weniger streng gesehen zu werden.
Der Wegfall der Befreiung wirkt – anders als der nachsteuerbedingte Wegfall des Bewertungsabschlags in § 13 a Abs. 5 ErbStG – nach Art eines "Fallbeils" auch dann in voller Höhe, wenn die schädliche Nutzungsänderung etwa erst 9 1/2 Jahre nach dem Erwerb eintritt.