Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die im Testament vom 20.3.2010 bedachten Personen sind nur Vermächtnisnehmer. Es tritt gesetzliche Erbfolge ein. (...)
Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Das Landgericht hat die für die Testamentsauslegung erhobenen Beweise unvollständig gewürdigt. Seine Auslegung kann deshalb keinen Bestand haben. (...)
Dieses Ergebnis lässt sich auch nicht im Wege der ergänzenden Auslegung korrigieren, wie das Amtsgericht meint. Die ergänzende Auslegung setzt eine unbewusste, planwidrige Lücke voraus (vgl. Staudinger/Otte BGB <2003> Vorbem. zu §§ 2064 ff Rn 81; MüKoBGB/Leipold, 5. Aufl. § 2084 Rn 73, 77; Soergel/Loritz BGB, 13. Aufl. § 2084 R. 38). Das liegt nicht vor: Die Erblasserin hat im Testament vom 20.3.2007 bewusst nur über einen geringen Bruchteil ihres Vermögens verfügt. Sie hat über den Großteil ihres Vermögens gerade keine Regelung getroffen; deshalb kann insoweit nur die gesetzliche Regelung und nicht eine ergänzende Auslegung greifen. Die Annahme des Amtsgerichts, die Erblasserin hätte, wenn sie gewusst hätte, dass sie verstirbt, ohne ein Testament zugunsten einer karitativen Einrichtung gemacht zu haben oder ohne ihr Vermögen aufgebraucht zu haben, die Beteiligten zu 1 bis 6 als Erben ihres gesamten Nachlasses gewollt (jedenfalls eher gewollt als gesetzliche Erbfolge), mag zutreffen, hilft aber nicht weiter. Denn wegen der für die gewillkürte Erbfolge geltenden Formenstrenge kann eine unterlassene letztwillige Verfügung, wie hier, nicht durch Auslegung ersetzt werden (vgl. BGHZ 80, 242/246).
Dadurch, dass die Erblasserin entgegen ursprünglicher Planung kein Testament mehr zugunsten einer karitativen Einrichtung gemacht hat, wird das Testament vom 20.3.2007 auch weder undurchführbar noch ist sein Zweck verfehlt: Den Vermächtnisnehmern steht das, was sie bekommen sollen, als Anspruch gegen die Erben unabhängig davon zu, ob der Erbe nun eine karitative Einrichtung ist oder noch unbekannte entfernte Verwandte als gesetzliche Erben oder der Fiskus. Im Übrigen gibt es eine Testamentsvollstreckerin, die die Vermächtnisse aus dem Nachlass ausbezahlen kann, ohne die weitere schwierige Suche nach den gesetzlichen Erben abwarten zu müssen.
Der mit Vorbescheid angekündigte Erbschein entspricht somit nicht der Erbrechtslage. Die Entscheidungen des Landgerichts und des Amtsgerichts sind deshalb aufzuheben. Das Amtsgericht wird den Erbscheinsantrag zurückzuweisen haben, wenn er nicht zurückgenommen wird.