Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29, 77 Abs. 2 FGG iVm Art. 111 Abs. 1 FGG-RG statthaft und form- und fristgerecht erhoben. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) ergibt sich daraus, dass seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache hat die sofortige weitere Beschwerde Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs.1 FGG. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen sofortigen Beschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. In sachlicher Hinsicht hält die Entscheidung des Landgerichts der rechtlichen Prüfung hingegen nicht stand.
Die nach § 1995 Abs.3 BGB zu treffende Entscheidung über die Verlängerung der Inventarfrist ist, wie sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, eine Ermessensentscheidung. Diese obliegt im Grundsatz dem Nachlassgericht bzw. dem an seine Stelle tretenden Erstbeschwerdegericht. Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann eine Ermessensentscheidung des Tatrichters nur darauf überprüfen, ob dieser sein Ermessen überhaupt ausgeübt hat, hierbei von zutreffenden Maßstäben für die Ermessensausübung ausgegangen ist und alle insoweit relevanten Tatsachen berücksichtigt hat. Vorliegend hat das Landgericht jedenfalls nicht alle relevanten Umstände berücksichtigt.
Die Kammer hat wesentlich darauf abgestellt, dass die von dem Beteiligten zu 1) angenommene Notwendigkeit umfangreicher Ermittlungen aus Rechtsgründen nicht bestehe und deshalb kein Grund für eine Fristverlängerung vorliege. Dies ist zwar im Ansatz zutreffend, greift als Ermessenserwägung aber zu kurz.
Der Senat teilt grundsätzlich die Auffassung der Kammer, dass für den Erben im Rahmen der Inventarerrichtung eine Ermittlungsobliegenheit jedenfalls nicht in dem hier von dem Beteiligten zu 1) reklamierten Umfang besteht. Die Frage, ob den Erben überhaupt eine Erkundigungs- oder gar Ermittlungsobliegenheit trifft, ist in der Literatur umstritten (für eine – allerdings kaum näher umrissene – Ermittlungsobliegenheit Staudinger/Marotzke, BGB, Stand 2002, § 2006 Rn 11 mwN; Klinck in jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2008, § 2006 Rn 9; gegen eine solche z. B. MK-BGB/Küpper, 5. Aufl., § 2006 Rn 3; BGB-RGRK/Johannsen, § 2006 Rn 9; Erman/Schlüter, BGB, 12. Auflage, § 2006 Rn 4). Das Gesetz regelt diese Frage nicht ausdrücklich. Ihre Beantwortung lässt sich am ehesten an der Vorschrift des § 2006 Abs.1 BGB ableiten, da der Erbe zur Wahrung seiner Möglichkeit der Haftungsbeschränkung versichern muss, dass er nach bestem Wissen die Nachlassgegenstände so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei. In der Formulierung "imstande" wird teilweise der Ansatz für eine Ermittlungsobliegenheit des Erben gesehen.
Nach Auffassung des Senats kann der Inhalt der Obliegenheit des Erben nur unter Berücksichtigung der Funktion des Inventarverfahrens und der möglichen Rechtsfolgen bestimmt werden. Die Inventarerrichtung dient sowohl den Interessen des Erben als auch denen der Nachlassgläubiger. Der Erbe erhält durch das Verfahren die Möglichkeit, den Nachlassbestand mit der Rechtsfolge des § 2009 BGB zu dokumentieren und sich hierdurch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung zu erhalten. Die Nachlassgläubiger erhalten einen Überblick über den Nachlassbestand und damit über mögliche Vollstreckungsgegenstände, wobei die Richtigkeitsgewähr des Inventars sowohl durch die materielle Sanktion des § 2005 BGB als auch durch die Möglichkeit der eidesstattlichen Versicherung (§ 2006 BGB) gesteigert wird. Die Herbeiführung der unbeschränkten Erbenhaftung durch Fehler des Erben im Rahmen des Inventarverfahrens wird zwar häufig im Interesse des Gläubigers liegen, Verfahrenszweck ist dies indes nicht, denn die unbeschränkte Haftung ist eine Sanktion im Rahmen des Verfahrens, nicht deren Zweck.
Den danach berechtigten Interessen beider Seiten ist mit der Annahme einer ausufernden Ermittlungsobliegenheit des Erben nicht gedient. Der Erbe muss angesichts der weit reichenden Folgen der §§ 2005, 2006 BGB ein vitales Interesse haben, dass die ihn treffenden Obliegenheiten ohne ein unüberschaubares Wertungsrisiko hinsichtlich des Anlasses für weitere Ermittlungen und deren notwendigen Umfang einschätzbar sind. Hinzu kommt, dass der Umfang der möglichen Ermittlungen nicht zuletzt auch von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Erben abhängig ist. Die Nachlassgläubiger haben hingegen ein offenkundiges Interesse, dass das Inventar einerseits möglichst vollständig, andererseits aber auch innerhalb absehbarer Zeit vorgelegt wird. Dem würde es widersprechen, wenn der Erbe die Errichtung des Inventars mit der Begründung, er habe mehr oder weniger konkrete Hinweise auf weitere Nachlassgegenstände, hinauszögern könnte.
Ein angemessener Interessenausgleich, der zugleich dem Verfahrenszweck Rechnung trägt, rechtfertigt danach allenfalls die Annahme einer Erkundigungsobliegenheit, die an konkrete Erkenntnisse über identifizierbare weitere Nachlassgegenstände anknüpft, wobei ...