Das KG verkennt im Rahmen seiner vorliegenden Entscheidung, dass der Schutzbereich des § 88 Abs. 3 TKG, im Verhältnis von Facebook zu den Erben der verstorbenen Inhaberin des Facebook-Profils, nicht eröffnet ist. Aber auch im Übrigen vermag die Entscheidung des KG nicht zu überzeugen.
(a) Zunächst: Schutzbereich des § 88 Abs. 3 TKG erfasst auch Nachrichten, die auf dem Server eines Providers gespeichert sind
Das KG hatte sich zunächst mit der Frage zu befassen, ob der sachliche Schutzbereich des § 88 Abs. 3 TKG nicht schon deswegen nicht eröffnet ist, weil sich die Nachrichten auf dem Server von Facebook befanden und der verstorbenen Inhaberin des Facebook-Profils mithin bereits zugegangen waren. Der sachliche Schutzbereich des § 88 Abs. 3 TKG als einfachgesetzliche Ausprägung des Art. 10 Abs. 1 GG umfasst den Inhalt und die näheren Umstände der Telekommunikation. Nach § 3 Nr. 22 TKG versteht man unter dem Begriff "Telekommunikation" den technischen Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen. Daraus lässt sich schließen, dass der Schutz des Fernmeldegeheimnisses nur solange greift, wie man noch von einem laufenden Telekommunikationsvorgang sprechen kann. Vor diesem Hintergrund ist es zweifelhaft, ob Nachrichten, seien es E-Mails oder wie vorliegend Facebook-Nachrichten, die sich auf dem Server des Providers befinden, noch dem Schutzbereich des § 88 Abs. 3 TKG unterfallen, oder ob der Telekommunikationsvorgang "Absender-Empfänger (Erblasser)" mit Eingang der Nachrichten auf dem Server des Providers bereits als abgeschlossen anzusehen ist. Der BGH hat diesbezüglich entschieden, dass mit dem Abschluss des Empfangens, sei es zur Zwischenspeicherung oder zur endgültigen Archivierung, der Telekommunikationsvorgang beendet sei. Eine andere Auffassung vertritt das BVerfG (allerdings nur insoweit, als ein staatlicher Zugriff in Rede steht): Art. 10 Abs. 1 GG sei – über die Legaldefinition des § 3 Nr. 22 TKG hinaus – auch auf statische Zustände der Datenübermittlung anwendbar. Dieser Auffassung hat sich auch das KG angeschlossen und den Schutzbereich des § 88 Abs. 3 TKG für Nachrichten, die sich auf dem Server von Facebook befinden, für anwendbar erachtet. Dies überzeugt im Ergebnis: Zwar ist die Kommunikation als solche zwischen dem Absender einer Nachricht und dem Empfänger in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in welchem die Nachricht auf dem Server des Providers (als sog. "digitalen Briefkasten") des Empfängers eingeht. Jedoch bedarf es eines Schutzes der Kommunikationsinhalte- und umstände solange, bis sich eine Nachricht im alleinigen Herrschaftsbereich des Empfängers befindet. Der in der überwiegenden Literatur gerne gezogene Vergleich zum klassischen Postbrief verfängt – jedenfalls im Hinblick auf Frage nach der Anwendbarkeit des § 88 Abs. 3 TKG – nicht: Die Kommunikationspartner sind, solange sich Nachrichten noch auf dem Server des Providers befinden, der Gefahr eines unberechtigten Zugriffs des Providers selbst ausgesetzt, was sie technisch schlicht nicht verhindern können. Solange ein "Dritter" (hier: der Provider oder ggf. der Staat) noch Zugriffsmöglichkeiten auf die Kommunikationsinhalte und -umstände hat, bedarf es für die Kommunikationspartner des Schutzes aus § 88 Abs. 3 TKG – aber auch nur diesem gegenüber.
(b) Der Erbe ist jedoch kein "anderer" im Sinne des § 88 Abs. 3 TKG
Der Auffassung des KG, dass sich Facebook vorliegend gegenüber den Erben der verstorbenen Inhaberin des Facebook-Accounts auf § 88 Abs. 3 TKG berufen kann, ist indes ent- schieden zu widersprechen. Indem das KG den Erben gegenüber dem Provider als "anderen" im Sinne des § 88 Abs. 3 TKG ansieht, liegt dem eine vordergründige, rein naturalistische Betrachtung zugrunde, die den Grundsätzen des Erbrechts, insbesondere dem sich aus § 1922 BGB ergebenden Grundsatz der Universalsukzession, diametral entgegensteht.
Wie vorstehend aufgezeigt, tritt der Erbe, vorbehaltlich anders lautender Regelungen, grundsätzlich nach § 1922 Abs. 1 BGB in sämtliche Rechtsbeziehungen des Erblassers ein. § 1922 BGB sichert auf diese Weise die Kontinuität im Rechtsverkehr und will damit klare Zuordnungsverhältnisse über den Tod hinweg (Kontinuitätsfunktion) schaffen. Der Grundsatz der Universalsukzession stellt somit sicher, dass das Vermögen des Erblassers einem neu...