Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Erbauseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Bruder für die Anwendung der Begünstigungsvorschriften §§ 13 Abs. 1 Nr. 4c, 13a, 13b und 13c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu berücksichtigen ist.
Die Mutter des Klägers, … , und sein Vater, … , verstarben … .2015 und … .2015 kurz nacheinander. Der Kläger und sein Bruder beerbten sowohl die Mutter als auch den Vater zu ½. Zum Nachlass der Mutter gehörten u.a. verschiedene Grundstücke, zum Nachlass des Vaters (Erblasser) gehörten ebenfalls u.a. Grundstücke, eine 20-prozentige Kommanditbeteiligung an einer … GmbH & Co. KG (KG) sowie eine 20-prozentige Beteiligung an der Komplementärin der KG, der … -Beteiligungs-GmbH (GmbH). Die übrigen Beteiligungen von 80 % an der KG und der GmbH hielt im Zeitpunkt des Erbfalls bereits der Kläger. Die KG betreibt ein Gewerbe in A-Stadt.
Mit Feststellungsbescheid vom 12.7.2017 wurde der Wert des KG-Anteils des Erblassers auf 312.256 EUR festgestellt.
Nachdem der Kläger und sein Bruder die ursprünglichen Erbschaftsteuerfestsetzungen jeweils mit Einsprüchen angefochten hatten, setzte der Beklagte zuletzt mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 2.3.2018 Erbschaftsteuer i.H.v. 30.668 EUR gegen den Kläger fest. Für die KG-Anteile wurde jeweils die Begünstigung nach § 13a ErbStG i.d.F. vom 26.6.2013 gewährt. Für einzelne Grundstücke wurde die Begünstigung nach § 13c ErbStG a.F. nur insoweit gewährt, als es sich nicht um Sonderbetriebsvermögen handelte. Im Einzelnen ergaben sich folgende Begünstigungen (in EUR):
Vermögensgegenstand |
Wert beim Kläger |
Begünstigung |
X-Straße. 1 |
65.595 |
3.838 |
X-Straße. 2 |
143.500 |
10.633 |
Y-Straße. 3 |
260.000 |
26.000 |
X-Straße. Flur … , Flurst. … |
17.000 |
0 |
KG-Beteiligung |
156.128 |
156.128 |
Summe |
642.223 |
196.599 |
Für den Bruder des Klägers wurden identische Werte berücksichtigt. Für die vom Kläger nach dem Erbfall bewohnte Wohnung im Objekt X-Straße 1 wurde die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG i.H.v. 19.932 EUR gewährt. Die Bescheide wurden formell bestandskräftig.
Mit notarieller Urkunde vom 19.2.2018 übertrugen der Kläger und sein Bruder untereinander zum Zwecke der Erbauseinandersetzung verschiedene Grundstücke. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 20.12.2018 übertrug der Bruder des Klägers den mit dem Erbfall auf ihn entfallenden zehnprozentigen Anteil an der KG unentgeltlich an den Kläger. Für die Übertragung der GmbH-Beteiligung leistete der Kläger eine Abfindung von 3.785,12 EUR an seinen Bruder.
Ergebnis der Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Nachlasses nach dem Vater war, dass der Bruder des Klägers den Grundbesitz Y-Straße 3 erhielt, während der Kläger die Gesellschaftsbeteiligungen und die Grundbesitze X-Straße 1 und 2 (einschließlich Flur … , Flurst. …) erhielt:
Vermögensgegenstand |
Wert je Erbe |
Begünstigung je Erbe vor Auseinandersetzung |
Zuordnung nach Auseinandersetzung |
X-Straße. 1 |
65.595 |
3.838 |
Kläger |
X-Straße. 2 |
143.500 |
10.633 |
Kläger |
Y-Straße. 3 |
260.000 |
26.000 |
Bruder |
X-Straße. Flur … , Flurst. … |
17.000 |
0 |
Kläger |
KG-Beteiligung |
156.128 |
156.128 |
Kläger |
Im Hinblick auf die unentgeltliche Übertragung der Beteiligung forderte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 5.7.2019 und vom 12.8.2019 zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Der Kläger machte mit Schreiben vom 23.8.2019 geltend, der Kommanditanteil sei im Übertragungszeitpunkt wertlos gewesen. Eine Schenkungsteuererklärung wurde nicht abgegeben.
Der Beklagte behandelte die Übertragung der Beteiligung sodann als Verstoß gegen Behaltensfristen durch den Bruder des Klägers. Mit Bescheid vom 9.9.2019 änderte er die Erbschaftsteuerfestsetzung gegenüber dem Bruder nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und ging von einem anteiligen Wegfall des Verschonungsbetrages und einem vollständigen Wegfall des Abzugsbetrages nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. aus.
Mit Schreiben vom 19.11.2019 beantragte der Kläger – ebenso wie sein Bruder hinsichtlich seiner Festsetzung – die Änderung des Bescheides vom 2.3.2018 gemäß § 164 AO. Er führte im Einzelnen aus, wie im Zuge der Erbauseinandersetzung die im Nachlass befindlichen Grundstücke und die Gesellschaftsbeteiligung zwischen ihm und seinem Bruder aufgeteilt worden seien und beantragte die entsprechende Zuordnung der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen.
Der Beklagte lehnte die Änderung mit Bescheid vom 15.1.2020 ab. Eine Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah nach dem Erbfall erfolge. Als zeitnah werde dabei ein Zeitraum von sechs Monaten angesehen. Der Erbfall sei aber bereits … .2015 eingetreten, die Auseinandersetzung sei 2018 erfolgt und die Änderung erst am 19.11.2019 beantragt worden.
Gegen die Ablehnung der Änderungen legten der Kläger und sein Bruder am 24.1.2020 Einspruch ein. Sie beriefen sich auf § 13a Abs. 3 ErbStG und § 13c Abs. 2 ErbStG a.F. und führten an, es sei der Wille des Gesetzgebers, demjenigen Miterben die Begünstigung zuteilwerden zu lass...