Der Besprechungsfall zeigt wieder einmal, wie wichtig die frühzeitige, umfassende Beratung in Pflichtteilsstreitigkeiten gerade auch hinsichtlich erbschaftsteuerlicher Auswirkungen von "gütlichen" Vereinbarungen ist. Nach dem Sachverhalt waren nicht etwa – wie häufig der Fall – von einer enterbten, pflichtteilsberechtigten Person entsprechende Ansprüche streitig nach dem Erbfall geltend gemacht und dann ausdrücklich durch die Übertragung eines Sachwertes i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG abgefunden worden. Dafür ist bereits vom BFH entschieden, dass ein Tausch und damit eine Veräußerung des Sachwertes durch die Hingabe an Erfüllung statt gegen Befreiung von der Geldverbindlichkeit vorliegt (§ 364 BGB). Entsprechend verliert der Erbe wegen Veräußerungsnachsteuer (§ 13a Abs. 6 ErbStG) die Begünstigungen und der Enderwerber kann sie nicht erhalten (BFH v. 26.2.2014 – II R 36/12 BStBl II 2014, 581; R E 12 Abs. 3 Nr. 2 ErbStR 2019; vgl. dazu Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk/Jülicher, ErbStG, Stand: 2021, § 13a Tz. 149). Dem gegenüber ist inzwischen anerkannt, dass die Nichtgeltendmachung des Pflichtteils oder auch eines Vermächtnisses gegen Erhalt einer Abfindung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG zum Übergang der Begünstigungen auf den Enderwerber führt (R E 13b.1 Abs. 1 Nr. 7 ErbStR 2019). Beide Varianten sind sich in ihrem wirtschaftlichen Gehalt sehr ähnlich, führen aber im Hinblick auf Begünstigungen für betriebliches Vermögen nach §§ 13a ff. ErbStG zu völlig entgegengesetzten Ergebnissen.
Im BFH-Fall bestand im Sachverhalt die Besonderheit, dass der Klägerin erbvertraglich als Vermächtnis u.a. ein Quotennießbrauch ohne Stimmrecht an einer KG-Beteiligung des Erblassers beim Tod zugewandt war. Zudem erhielt sie einen "Nachteilsausgleich" für eine zwischenzeitlich schenkweise Reduktion eben dieser Beteiligung. Eine postmortale, auch nur geringfügige Änderung zu Ungunsten der Berechtigten hätte ihren vormaligen insoweit bedingten Pflichtteilsverzicht (§ 2346 BGB) hinfällig werden lassen. Das Vermächtnis einschließlich "Nachteilsausgleich" war nämlich zivilrechtlich mit dem Verzicht der Klägerin auf die Geltendmachung etwaiger Pflichtteilsansprüche im weitesten Sinne (§§ 2303 ff., 2325 ff. BGB) verknüpft. Die Beteiligten schlossen nach dem Erbfall eine Vereinbarung, ausdrücklich unter Abweichung von den Bestimmungen im vormaligen Erbvertrag, dass die Klägerin einen Quotennießbrauch jetzt mit Stimmrecht an der gleichen Gesellschaft erhalten sollte. Dieser kann abweichend von der zivilrechtlichen Qualifikation von Nutzungsrechten, allein über die ertragsteuerliche Anknüpfung des begünstigten Betriebsvermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, zunächst grundsätzlich sachlich begünstigungsfähig sein (vgl. BFH v. 1.9.2011 – II R 67/09 BStBl II 2013, 210; R E 13b.30 Abs. 6 ErbStR 2019 und H E 13b.5 ErbStH 2019). Jetzt musste zunächst die Vorinstanz (FG Köln v. 28.6.2018 – 7 K 926/15, EFG 2019, 449) die Vereinbarungen auslegen und das unter Beachtung des Zivilrechts (§§ 133, 157 BGB) tatsächlich Gewollte ermitteln.
Das Finanzgericht kam dabei zu dem Auslegungsergebnis, die Klägerin habe ihr Vermächtnis nicht ausgeschlagen, sondern angenommen. Jedoch sei das Vermächtnis im streitbefangenen Teil nicht auf den Erwerb einer Mitunternehmerstellung, sondern auf eine bloße Gewinnbeteiligung ausgerichtet gewesen. Am Rande: Selbst wenn die Klägerin auch einen Anteil an der KG-Beteiligung des Erblassers bereits gehalten oder zeitgleich erworben hätte, was nicht der Fall war, hätte nach der Rechtsprechung des BFH sogar die Begünstigungsfähigkeit eines Teils eines einheitlichen Erwerbs, trotz der im Ertragssteuerrecht teilweise untrennbar betrachteten Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, nicht zur Begünstigung des unmittelbar nicht aus sich selbst heraus begünstigungsfähigen Vermögens führen können (BFH v. 16.5.2013 – II R 5/12 BStBl II 2013, 635; H E 13b. 5 ErbStH 2019).
Der BFH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen, allerdings mit etwas anderer Begründung als die Vorinstanz, jedoch unter Bindung im Revisionsverfahren an die von der Tatsacheninstanz getroffenen Feststellungen gem. § 118 Abs. 2 FGO (BFH, a.a.O., Tz 22). Der BFH hat dabei zumindest einen ergebnisrelevanten Rechtsfehler des Finanzgerichts bei der Auslegung verneint. Die Vereinbarungen der Beteiligten könnten jedenfalls nicht als zu einem anderen Ergebnis führende Ausschlagung des Vermächtnisses unter Geltendmachung einer begünstigungsfähigen Abfindung (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG, s.o.) interpretiert werden. Entweder sei das Vermächtnis mit dem Inhalt einer Nichtbegünstigungsfähigkeit der isoliert zu sehenden Gewinnbeteiligung ohne Stimmrecht angenommen worden oder durch die postmortale Vereinbarung zwischen Erbin und Vermächtnisnehmerin letztlich an Erfüllung statt (§ 364 BGB), also "im Tausch", nachsteuerschädlich und begünstigungsausschließend modifiziert worden (BFH, dort Tz 29–31).
Die Rechtsausführungen des BFH überraschen nicht. Die Ausführungen zur ...