A.

Die Klägerin verlangt Auskunft über den Nachlassbestand und über ausgleichungspflichtige Schenkungen durch privatschriftliche Erklärung, nachdem der Beklagte schon zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt worden ist.

Die am 12.2.2018 verstorbene Erblasserin M. S., die Mutter der Parteien, ist allein vom Beklagten beerbt worden, der der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 4.9.2018 (Bl. 1 und 2 Anlagenband Beklagter.) ein nicht unterzeichnetes "Nachlassverzeichnis" übersandt hat, in dem er auf weiteres vorhandenes Vermögen verwiesen hat, das durch den Bruder der Parteien, Prof. Dr. H. S., in Besitz genommen und verwaltet werde, sowie auf einen oder zwei notarielle Übertragungsverträge vom 21.2.2014. Das Nachlassverzeichnis endet mit der Erklärung:

Zitat

"Im Übrigen keine weiteren Zuwendungen."

Mit Stufenklage vom 13.8.2018 hat die Klägerin den Beklagten auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses und ausgleichungspflichtige Vorschenkungen in Anspruch genommen. Für die weiteren Stufen hat sie einen Antrag auf eidesstattliche Vollständigkeitsversicherung und Pflichtteilszahlung angekündigt.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien hat das LG mit Beschl. v. 20.11.2018 das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Bl. 30 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 5.2.2021 hat die Klägerin das Verfahren aufgenommen und die Klage um den "ergänzenden" Antrag "erweitert", den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen.

Auf Anerkenntnis des Beklagten vom 19.2.2021 mit der Erklärung, den Notar schon am 23.8.2019 mit der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt zu haben, hat das LG den Beklagten mit Teilanerkenntnisurteil vom 9.3.2021 (Bl. 61 d. A.) verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen.

Nach Hinweis des LG vom 12.4.2021 (Bl. 73 d. A.), den Auskunftsanträgen zu a) und b) aus der Klageschrift dürfte wegen des Teilanerkenntnisurteils das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, hat die Klägerin den Klagantrag zu a) für erledigt erklärt (Bl. 86 d. A.) und an dem Antrag zu b) festgehalten (Bl. 93 f. d. A.).

Mit Teilurteil im schriftlichen Verfahren vom 13.9.2021 hat das LG die Anträge zu 1. a) und b) aus der Klageschrift vom 13.8.2018 abgewiesen.

Gegen dieses Urteil, auf das der Senat zu näheren Sachdarstellung verweist, wendet die Klägerin sich mit ihrer Berufung und beantragt,

unter Abänderung des Teilurteils vom 13.9.2021 den Beklagten zu verurteilen,

a) der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses, in dem sämtliche Aktiva und Passiva des Nachlasses sowie die wertbildenden Faktoren der einzelnen Nachlassgegenstände dargestellt sind,

b) Auskunft über ausgleichungspflichtige Vorschenkungen der Erblasserin an den Beklagten oder an Dritte zu erteilen bei Bekanntgabe des Schenkungsgegenstands und dem Wert der Schenkung.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die Berufung ist unbegründet.

I.

Den Klageanträgen zu a) und b) fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin über den Vollstreckungstitel aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 9.3.2021 verfügt und damit ihren geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 BGB in vollem Umfang durchsetzen kann. Daneben kann ein "Privatverzeichnis" wegen der "Rechtsmissbräuchlichkeit" dieses Zweitverlangens nicht mehr gefordert werden (vgl. BGH, Urt. vom 2.11.1960 – V ZR 124/59, juris Rn 22, worauf der Senatsvorsitzende die Klägerin bereits mit Schreiben vom 19.10.2021 hingewiesen hat).

1. Mit Teilanerkenntnisurteil vom 9.3.2021 (Bl. 61 d. A.) hat das LG den Beklagten verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Auch wenn dieser Vollstreckungstitel den fiktiven Nachlass, auf den sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers nach § 2325 Abs. 1 BGB richtet, nicht ausdrücklich nennt, ist die Verurteilung jedoch dahin auszulegen, dass der Beklagte ein vollständiges notarielles Verzeichnis i.S.d. § 2314 BGB schuldet. In ihr Auskunftsbegehren hat die Klägerin zuvor im Rechtsstreit immer den fiktiven Nachlass einbezogen. Es ist kein ausreichender Anhaltspunkt für die Feststellung ersichtlich, dass die Verurteilung auf den realen Nachlass beschränkt sein sollte.

2. Das von dem Beklagten vorzulegende notarielle Verzeichnis hat also alle erforderlichen Angaben zum fiktiven Nachlass zu enthalten (vgl. hierzu Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl. 2022, § 2314 Rn 9), und der Beklagte ist verpflichtet, die Fragen des Notars volls...

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