Leitsatz
1. Die Auskunftsverpflichtung nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB ist auf eine unvertretbare Handlung gerichtet, deren Vollstreckung nach § 888 ZPO zu erfolgen hat, auch wenn die Mitwirkung eines Dritten, bspw. eines Notars, notwendig ist.
2. Hängt die vorzunehmende Handlung nicht nur vom Willen des Schuldners ab, sondern auch von der Bereitschaft eines Dritten, bspw. eines Notars, dann ist der Schuldner im Vollstreckungsverfahren gem. § 888 ZPO verpflichtet, die Handlung des (ihm gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen.
3. Für die erforderlichen Handlungen des intensiven Bemühens um die weitere Mitwirkungshandlung des Notars ist es nicht ausreichend, zunächst einen Notar ordnungsgemäß zu beauftragen, ohne sich dann im Nachgang um eine fristgemäße Erstellung und Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses zu bemühen. Denn ein Schuldner ist verpflichtet, die erforderlichen Mitwirkungshandlungen des Notars mit Eindringlichkeit einzufordern. Dazu kann es erforderlich sein, eine Untätigkeitsbeschwerde gem. § 15 Abs. 2 BNotO zu erheben, wenn der Notar sich entgegen § 15 Abs. 1 BNotO weigert, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen oder einen anderen Notar zu beauftragen.
OLG Hamm, Beschl. v. 27.2.2023 – 5 W 30/22
1 Gründe
I.
Der Gläubiger macht gegen die Schuldnerin Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des am 0.0.2018 verstorbenen B. V., der von der Schuldnerin allein beerbt wurde, geltend. Vor dem LG Bochum hat er Stufenklage erhoben.
Mit Anerkenntnisteilurteil vom 15.9.2021 wurde die Schuldnerin auf der ersten Stufe verurteilt, Auskunft über den Bestand des realen und fiktiven Nachlasses des Erblassers zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses, bei dessen Aufnahme der Gläubiger oder ein von ihm Bevollmächtigter hinzuzuziehen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte – rechtskräftige – Urteil Bezug genommen (Bl. 104 f.).
Das Urteil ist der Schuldnerin am 20.9.2021 (Bl. 111) zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 6.10.2021 hat der Gläubiger die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils beantragt, welche am 25.10.2021 (Bl. 137) erteilt und ihm am 27.10.2021 zugestellt worden ist (Bl. 141).
Bereits mit Schreiben vom 1.3.2021 hatte die Schuldnerin den Notar T. I. mit der Erstellung des notariellen Verzeichnisses beauftragt, nachdem sie durch den Gläubiger vorgerichtlich am 15.2.2021 zur Erstellung bis zum 1.7.2021 aufgefordert worden war. Die Schuldnerin übermittelte dem Notar zahlreiche Unterlagen. Ob diese zur Erstellung des Verzeichnisses vollständig waren, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 15.7.2021, noch vor Zustellung der Klageschrift, fragte die Schuldnerin beim Notar nach dem Sachstand an und erkundigte sich, ob er noch ergänzende Unterlagen benötige. Am 9.9.2021 setzte die Schuldnerin den Notar von der Klageerhebung gegen sie in Kenntnis und bat erneut um Sachstandsmitteilung. In der darauffolgenden Woche bat der Notar die Schuldnerin um ergänzende Angaben, welche diese am 4.10.2021 übermittelte. Auf telefonische Nachfrage teilte der Notar dem Prozessbevollmächtigten des Gläubigers mit, dass er noch auf die Rückantwort örtlicher Banken über bestehende Konten des Erblassers warte.
Am 4.2.2022 übermittelte der Notar dem Gläubiger den Entwurf eines Nachlassverzeichnisses (Bl. 278 ff.).
Unter dem 11.10.2021 hat der Gläubiger beim LG Bochum einen Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln gem. § 888 ZPO gestellt (Bl. 128 ff.). Zur Begründung hat er vorgebracht, die Schuldnerin sei ihrer Verpflichtung zur Auskunft in Form eines notariellen Nachlassverzeichnisses nicht nachgekommen, obwohl ihr ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden habe. Der Nachlass sei einfach strukturiert; wesentliche Werte seien nicht vorhanden. Zudem habe die Schuldnerin bereits am 12.9.2019 ein privatschriftliches Nachlassverzeichnis erstellt, auf welchem der Notar habe aufbauen können. Auch sei er selbst bislang nicht zur Erstellung des Verzeichnisses hinzugezogen worden.
Der Gläubiger hat beantragt,
die Schuldnerin zur Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses über den Nachlass des am 0.0.2018 verstorbenen B. V. nach Maßgabe des Anerkenntnisurteils vom 15.9.2021 durch Zwangsgeld, dessen Höhe einen Betrag von 2.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte, ersatzweise Zwangshaft anzuhalten.
Die Schuldnerin hat beantragt,
den Antrag gem. § 888 ZPO zurückzuweisen.
Sie hat gemeint, der Antrag sei unbegründet. Denn sie habe alles ihr Mögliche unternommen, damit das notarielle Nachlassverzeichnis habe erstellt werden können. Insbesondere habe sie den Notar frühzeitig beauftragt und diesem sämtliche Unterlagen zeitnah übermittelt. Weitere Einflussmöglichkeiten auf die Arbeit des Notars habe sie nicht gehabt. Dieser sei in seiner Tätigkeit unabhängig und daher grundsätzlich nicht an Weisungen gebunden. Im vorlieg...