I.
Die Beteiligte ist die Urenkelin der Erblasserin. Sie ist ebenso wie ihre Mutter H. K … von der Erblasserin testamentarisch bedacht worden. In dem notariell beurkundeten Testament vom 4.9.1974 heißt es, soweit vorliegend von Interesse:
Zitat
Meine einzige Tochter, Frau I. N … , … , soll meine alleinige Erbin sein. Insbesondere soll sie mein Hausgrundstück … , … erben.
Sie soll Vorerbin sein ohne Befreiung von den Beschränkungen der Vorschrift des § 2113 BGB.
Nacherbe soll meine einzige Enkeltochter, Frau H. K … … sein.
Als Vermächtnis sollen meine Enkelin Frau H. K … 20.000,– DM und deren Tochter … (lies: die Beteiligte), meine einzige Urenkelin, ebenfalls 20.000,– DM erhalten, und zwar innerhalb eines Jahres nach meinem Tode.
Außerdem sollen Frau H. K … und … (lies: die Beteiligte) ein lebenslängliches Wohnrecht in dem Haus … , … erhalten, und zwar gemeinsam an der Wohnung in der 2. Etage links, …“
Die zur Vorerbin berufene Tochter der Erblasserin (und Großmutter der Beteiligten) ist am … 2022 verstorben, Frau H. K … am … 2008.
Die Beteiligte begehrt die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin der Erblasserin ausweist. Sie ist der Ansicht, nach der Auslegungsregel des § 2069 BGB anstelle ihrer Mutter Nacherbin der Erblasserin geworden zu sein.
Das AG hat den Erbscheinantrag zurückgewiesen. Es hat angenommen, dass die Nacherbenstellung aufgrund der nicht ausgeräumten Auslegungsregel des § 2108 Abs. 2 BGB vererblich sei und demzufolge auf den von H. K … mit handschriftlichem Testament vom 3.5.2004 zum Alleinerben berufenen R. S … , ihrem Lebensgefährten, übergegangen sei. Dieser hat erklärt, keine Einwände gegen den beantragten Erbschein zu erheben.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Beteiligte ihren Erbscheinantrag weiter. Sie ist der Auffassung, dass die Regel des § 2108 Abs. 2 BGB widerlegt sei. Es sei weder der wirkliche noch der mutmaßliche Wille der Erblasserin gewesen, dass ihr Vermögen an einen familienfremden Dritten gehe und zu einem erheblichen Teil für die Begleichung der anfallenden Erbschaftssteuer verbraucht werde.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Nachlassakten 130 VI … und 130 VI … sowie der Testamentsakte 130 IV … , jeweils AG Duisburg-Ruhrort, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.
Die von der Erblasserin angeordnete Nacherbenstellung ist vererblich. Die Vererblichkeit beschränkt sich allerdings auf den Kreis der Familienangehörigen der Erblasserin. Das führt im Entscheidungsfall zu dem Ergebnis, dass die letztwillige Verfügung der H. K … in Bezug auf ihre eigene Nacherbenstellung nach der Erblasserin ins Leere geht und der Erbscheinantrag der Beteiligten nicht mit dem Argument versagt werden kann, testamentarisch berufener Nacherbe sei R. S …
Im Einzelnen:
1. Die Beteiligte stützt ihren Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin der Erblasserin ausweist, plausibel auf § 2069 BGB.
Nach der genannten Vorschrift ist dann, wenn der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht hat und dieser nach der Errichtung des Testaments wegfällt, im Zweifel anzunehmen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden.
Im Entscheidungsfall führt dieser Grundsatz nach dem vorgetragenen Sach- und Streitstand zu dem Ergebnis, dass die Beteiligte Alleinerbin der Erblasserin, ihrer Urgroßmutter, geworden ist. Die Erblasserin hat ihre einzige Tochter zur Vorerbin und die einzige Enkelin zur Nacherbin berufen. Nachdem der Nacherbfall durch den Tod der Vorerbin am … 2022 eingetreten ist, wäre testamentarisch die Mutter der Beteiligten als Nacherbin berufen. Diese ist allerdings zwischen Testamentserrichtung und Nacherbfall Ende 2008 verstorben. An ihre Stelle träte der Auslegungsregel des § 2069 BGB folgend die Beteiligte als einzige gesetzliche Erbin ihrer Mutter. Sie wäre an deren Stelle zur Nacherbschaft berufen und, nachdem der Nacherbfall eingetreten ist, Alleinerbin der Erblasserin.
2. Die Beteiligte käme allerdings dann nicht als Alleinerbin zum Zuge, wenn das testamentarisch verfügte Nacherbrecht ihrer Mutter uneingeschränkt vererblich war. In diesem Fall würde nämlich deren Lebensgefährte R. S … als testamentarisch bedachter Erbe auch in die Nacherbenstellung einrücken. Der Erfolg des Erbscheinantrags hängt nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand, somit von der Vererblichkeit der Nacherbenstellung der H. K … ab. Sie ist gegeben, beschränkt sich aber – was das AG übersehen hat – auf den Kreis der Familienangehörigen der Erblasserin, weshalb die Erbeinsetzung des R.’S … als Alleinerbe der H. K … nicht zum Übergang der Nacherbenposition geführt hat.
a) Gem. § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB geht, wenn ein eingesetzter Nacherbe nach dem Eintritt des Erbfalls, aber vor dem Eintritt der Nacherbfolge stirbt, sein Recht auf seine Erben über, sofern nicht ein ...