Nach Ermittlung des anwendbaren Rechts und der anschließenden Anwendung des materiellen Erbrechts wird in der Praxis regelmäßig ein Nachweis der Erbfolge zu beschaffen sein. Daher soll nachfolgend ein Blick auf den Nachweis der Erbfolge in Deutschland und der Türkei geworfen werden. Das NA enthält keine Regelung zum Erhalt eines Nachweises der Erbfolge – insbesondere gilt nicht der nur für streitige Verfahren anwendbare § 15 NA, sodass insoweit auf die nationalen Vorschriften zurückzugreifen ist.
1. Nachweis der Erbfolge mittels türkischen Erbscheins
In der Türkei erfolgt der Nachweis der Erfolge durch einen türkischen Erbschein. Praktisch relevant ist dieser Nachweis insbesondere, da nach Art. 37 der türkischen Grundbuchordnung (tGBO) die Vorlage eines türkischen Erbscheins zur Eintragung eines ausländischen Erben ins Grundbuch erforderlich ist.
a. Sachliche Zuständigkeit
Nach Art. 598 des türkischen Zivilgesetzbuchs (tZGB) wird ein Erbschein auf Antrag durch das Friedensgericht (sulh hukuk mahkemesi) oder durch einen Notar erteilt.
Entsprechend bestimmt auch Art. 71/A Buchst. b) der türkischen Notarordnung (tNotO), dass die Erteilung des Erbscheins durch einen Notar erfolgen kann. Dies gilt nach Art. 71/B Abs. 3 tNotO jedoch nicht, wenn die Erbscheinerteilung die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens erfordert, die Eintragungen im Personenstandsregister ungenügend sind oder der Erbschein durch einen Ausländer beantragt wird. In diesen Fällen, also insbesondere im Fall eines Erbstreits oder der Beantragung des Erbscheins durch einen deutschen Staatsangehörigen, verbleibt es daher bei der Zuständigkeit des Friedensgerichts.
b. Internationale und örtliche Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit folgt gem. Art. 40 tIPRG der örtlichen Zuständigkeit. Art. 43 tIPRG ist nicht auf das Erbscheinverfahren anwendbar, da dieses nicht auf einen Rechtsstreit gerichtet ist.
Vielmehr fällt die Erteilung eines Erbscheins gem. Art. 382 Abs. 2 Buchst. c) Nr. (6) der türkischen Zivilprozessordnung (tZPO) unter die unterstreitigen Gerichtsangelegenheiten, für die nach Art. 384 Abs. 1 tZPO das Gericht am Wohnsitz des Antragstellers oder eines Betroffenen örtlich – und damit auch international – zuständig ist. Daneben bestimmt Art. 11 Abs. 3 tZPO die Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz eines Erben.
Allerdings sind diese Zuständigkeiten nicht ausschließlich. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung ein Erbschein bei jedem Gericht in der Türkei beantragt werden.
2. Nachweis der Erbfolge mittels deutschen Erbscheins
In Deutschland erfolgt seit Inkrafttreten der EuErbVO der Nachweis der Erbfolge mittels eines deutschen Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ENZ). Da das ENZ allerdings vordergründig zum Nachweis der Erbfolge in einem anderen Mitgliedsstaat der EU konzipiert wurde, wird sich hier auf die Nachweismöglichkeit mittels eines deutschen Erbscheins beschränkt.
a. Sachliche Zuständigkeit
Nach § 2353 BGB werden Erbscheine vom Nachlassgericht – gem. § 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GVG, § 342 Abs. 1 Nr. 6 FamFG grundsätzlich vom Amtsgericht – erteilt.
b. Internationale und örtliche Zuständigkeit
Auch wenn der deutsche Erbschein einen nationalen Erbnachweis darstellt, ist die internationale Zuständigkeit der Gerichte für die Ausstellung des Erbscheins nach den Vorschriften der EuErbVO zu bestimmen. Damit kommt grundsätzlich Art. 4 EuErbVO zur Anwendung, wonach sich die internationale Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes richtet.
Sofern der Erblasser also seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, kommt mit § 343 FamFG die nationale Regelung zur örtlichen Zuständigkeit zur Anwendung. Danach ist zunächst das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Abs. 1), hilfsweise das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte (Abs. 2), örtlich zuständig. Äußerst hilfsweise besteht eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg in Berlin (Abs. 3).