Leitsatz
1. Entlassung eines Testamentsvollstreckers wegen Pflichtverletzungen bei der Verwaltungsvollstreckung und daraus resultierendem berechtigtem Misstrauen in die unparteiliche Amtsführung.
2. Die Auslegung einer testamentarisch verfügten Ermächtigung des Testamentsvollstreckers, einen Nachfolger zu ernennen, kann ergeben, dass die Ermächtigung dann nicht gelten soll, wenn der Testamentsvollstrecker wegen Pflichtverletzungen bei der Ausübung seines Amtes entlassen wird.
OLG München, Beschluss vom 9. Juli 2008 – 31 Wx 003/08
Sachverhalt
Die Erblasserin ist am xx1992 im Alter von 84 Jahren verstorben. Sie wurde ausweislich des am 7.10.1992 durch das Amtsgericht Kitzingen erteilten Erbscheins von den Beteiligten zu 1 bis 3 sowie von E. zu je 1/4 beerbt. Die Erbscheinserteilung erfolgte aufgrund des von der Erblasserin am 6.3.1991 errichteten notariellen Einzeltestaments, das neben der vorgenannten Erbeinsetzung (...) folgende Regelungen enthält:
Zitat
§ 4 Vermächtnisse:
(... M) Ferner erhält Herr J. L. (Beteiligter zu 4) das unentgeltliche und lebenslange Wohnungsrecht in der Wohnung in Berlin, die er zum Zeitpunkt meines Ablebens bewohnt hat sowie auch in der Wohnung mit Dachgarten. Herr L. muss ab dem Monatsersten, der auf meinen Todestag folgt, für die von ihm bewohnte Wohnung keine Miete mehr entrichten. (...)
§ 6 Testamentsvollstreckung:
Hinsichtlich meines Nachlasses ordne ich insgesamt Testamentsvollstreckung an, für die im Einzelnen folgende Bestimmungen gelten:
1. Zu meiner Testamentsvollstreckerin ernenne ich Frau B. W., (...) Sie hat folgenden Aufgabenkreis (...) Die Testamentsvollstreckung endet mit Aufgabenerfüllung.
2. Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich weiter Herrn J. L. Er ist berechtigt, selbst einen Nachfolger zu ernennen, falls er das Amt des Testamentsvollstreckers nicht mehr weiterführen kann. Herr J. L. ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Sein Aufgabenkreis ist lediglich die Verwaltung meines Grundbesitzes in Berlin und die Erfüllung der in § 4 Buchst. M) und N) aufgeführten Vermächtnisse.
Im Einzelnen hat er Folgendes zu beachten:
a) Er hat aus den nach meinem Tod eingehenden Mieteinnahmen zunächst alle Unkosten zu bestreiten, einschließlich ihm notwendig erscheinender Reparaturen und einschließlich des laufenden Verwalterentgelts für ihn selbst.
b) Den Restbetrag hat er in Berlin für die Erbengemeinschaft auf ein noch zu benennendes Konto anzulegen, über das die Erben frei verfügen können. Bei Meinungsverschiedenheiten unter den Miterben entscheidet über die Verwendung des Geldes der Testamentsvollstrecker. Auszahlungen dürfen jedoch nur zugunsten von Miterben oder ihren Rechtsnachfolgern vorgenommen werden.
d) Herr J. L. ist in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker verpflichtet, meiner Nichte M. B. monatlich über die Einnahmen und Ausgaben bezüglich meines Mietshauses in Berlin Rechnung zu legen. (...)
3. Die Aufgabenkreise beider Testamentsvollstrecker sind sachlich voneinander getrennt. Sie beschränken sich gegenseitig nicht und führen ihre Ämter je allein.
Frau B. W. und der Beteiligte zu 4 haben das Testamentsvollstreckeramt im Jahre 1992 angenommen. Dem Beteiligten zu 4 wurde durch das Nachlassgericht am 18.8.1992 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27.10.2006 beantragten die Beteiligten zu 1 bis 3 die Entlassung des Beteiligten zu 4 aus dem Amt des Testamentsvollstreckers. Der Beteiligte zu 4 habe von einem das Berliner Anwesen betreffenden Kautionssparbuch einen Betrag in Höhe von 1.051,46 EUR unberechtigt entnommen und dies damit erklärt, dass ihm dieses Geld "als Überschuss" zustünde. Auch laute das Kautionskonto auf den Namen des Beteiligten zu 4. Bereits in der Vergangenheit sei es zu groben Pflichtverletzungen des Beteiligten zu 4 gekommen, der darüber hinaus auch nicht in der Lage sei, die Testamentsvollstreckung ordnungsgemäß zu führen. Bereits 3 Wochen nach dem Tod der Erblasserin habe der Beteiligte zu 4 einen Betrag von 10.000 DM vom Mietzinskonto ("Hauskonto") abgehoben, ohne dass hierfür ein Beleg vorliege. Im Jahre 1992 habe der Beteiligte zu 4 auch eine Umbuchung vom Mietzinskonto auf das "Kautionskonto" in Höhe von 34.915,39 DM veranlasst, weil die Erblasserin die Kautionen "nahezu vollständig aufgebraucht" habe. Zudem habe der Beteiligte zu 4 einen Betrag von 570,24 DM für sich vereinnahmt, den er in seiner als "Nachlassverzeichnis" bezeichneten Aufstellung vom 28.3.1994 als "wird verrechnet zugunsten des Testamentsvollstreckers" ausgewiesen habe. Seiner Rechnungslegungspflicht gegenüber der Beteiligten zu 1 komme der Beteiligte zu 4 nur unzureichend und teilweise fehlerhaft nach. Der Beteiligte zu 4 habe zudem eigenmächtig eine zu hohe Vergütung einbehalten, deren Rückzahlung durch die Beteiligten zu 1 bis 3 gerichtlich geltend gemacht werden musste. Nachdem in diesem Zusammenhang am 6.2.1996 zwischen den Beteiligten ein gerichtlicher Vergleich geschlossen worden sei, nach dem dem Beteiligten zu 4 als Vergü...