Einführung
Gegenwärtig besteht ein "Erbschaftsboom", der auch in den kommenden Jahren anhalten wird. Auf der einen Seite ist also mit einer steigenden Anzahl von letztwilligen Verfügungen zu rechnen, die – häufig auf der Basis falscher Vorstellungen unbedacht oder aus alter Zeit stammend – Vor- und Nacherbfolgenanordnungen enthalten. Auf der anderen Seite korreliert mit der demografischen Entwicklung eine steigende Nachfrage nach gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen, für die die ererbten Gegenstände benötigt werden, häufig gerade zur Steuerung der Weitergabe solchen Vermögens (z. B. in sog. Familienpools). Nicht zuletzt besteht dabei die Hoffnung, die als lästig erkannte Bindung abschütteln zu können. Der nachfolgende Beitrag bereitet diesen Problembereich für die Beratungspraxis auf.
I. Typischer Ausgangssachverhalt
In eine Personengesellschaft wird zum Zwecke des Beteiligungserwerbs – bei Gründung oder Beitritt – eine Immobilie gegen Gewährung von Gesellschafterrechten eingebracht. Das eingebrachte Grundstück unterliegt allerdings der Vor- und Nacherbfolge. Der Eigentümer ist von sämtlichen Beschränkungen iS des § 2136 BGB befreiter Vorerbe; der Nacherbenvermerk ist entsprechend im Grundbuch eingetragen. Die Nacherben stimmen dem Einbringungsvorgang gleichwohl nicht zu (oder werden wegen der "Befreiung" erst gar nicht gefragt). In der Bilanz zum Einbringungsstichtag ist auf der Passivseite unter der Einlage (des einbringenden Gesellschafters) das Grundstück mit dem Verkehrswert eingebucht worden, sodass die Gewährung von Gesellschaftsanteilen in Höhe des Verkehrswerts des eingebrachten Grundstücks aus der Bilanz ersichtlich wird.
Die Altgesellschafter sind besorgt und wenden sich an den juristischen Berater: Gelingt die Einbringung oder vielleicht besser gefragt: Kann man mit einem "derart belasteten" Gegenstand überhaupt Gesellschafter werden? Droht ein Bumerangeffekt seitens der Nacherben, selbst wenn die Übertragung auf die Gesellschaft unter Löschung des Nacherbenvermerks zunächst gelingt? Ergibt sich ein Unterschied, wenn der Inferent bereits als Gesellschafter eine Beteiligung hält und diese lediglich aufstocken will?
II. Nacherbengebundener Grundbesitz und Gesellschaftsvermögen
1. Die Bindungswirkung bei angeordneter Nacherbfolge
Für die Gesellschaft ist ein Vorgang wie im Ausgangssachverhalt überhaupt nur sinnvoll, wenn zugleich mit der Einbringung das Grundstück aus der Nacherbenbindung herausgelöst würde. Andernfalls stünde es der Gesellschaft nicht frei zur Verfügung, selbst wenn der Vorgang der Einbringung für sich genommen nach § 2112 BGB zunächst wirksam wäre. Nach § 2113 Abs. 1 BGB ist die Verfügung des Vorerben u. a. über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht der Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dementsprechend ist hier zum Schutz der Nacherben vor dem gutgläubigen Wegerwerb Dritter ein Nacherbenvermerk eingetragen (vgl. § 51 GBO). Als Verfügung iS des § 2113 Abs. 1, 2 BGB ist eine Verfügung im rechtstechnischen Sinne anzusehen, d. h. die Übertragung, Aufhebung, Inhaltsänderung, Belastung oder Aufgabe eines Rechts. Die Überführung von Eigentum in Gesamthandseigentum bedarf nach allgemeiner Meinung auch dann einer Auflassung gem. den §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn die vormaligen Eigentümer im selben Anteilsverhältnis anschließend an der Gesamthand beteiligt sind. Der Einbringungsvorgang im Beispielsfall unterfällt daher grundsätzlich den Beschränkungen des § 2113 BGB.
Allerdings ist im vorgestellten Fall der Vorerbe durch den Erblasser von den Beschränkungen iS des § 2136 BGB befreit worden. Der Erblasser kann eine Befreiung des Vorerben von den Beschränkungen des § 2113 Abs. 1 BGB, d. h. im Ergebnis für entgeltliche Verfügungen über ein Grundstück, anordnen, nicht jedoch Befreiung für unentgeltliche Verfügungen, § 2113 Abs. 2 BGB (eine Norm, die nicht nur Grundstücke und damit auch andere potenzielle Einbringungsgegenstände betrifft!); § 2136 BGB verweist nämlich auf diesen Absatz nicht. Um im Ausgangsfall ein Freiwerden des Einbringungsobjekts von der bestehenden Nacherbenbindung zu erreichen, müssten daher entweder sämtliche Nacherben (in grundbuchfähiger Form!) zustimmen – oder aber der Einbringungsvorgang müsste als entgeltlich zu qualifizieren sein, damit § 2113 Abs. 2 BGB nicht gälte und die Befreiung aktiviert würde. Dies erweist sich in der Praxis häufig als problematisch.