Einführung
Das Erbrecht, ein bisher eher "reformresistentes" Rechtsgebiet, ist in Bewegung gekommen. Zwar hatte die Erbrechtsreform 2009 letztlich nur ein beschränktes Ausmaß, aber bereits auf dem 68. Deutschen Juristentag im September 2010 wird die Frage: "Ist unser Erbrecht noch zeitgemäß?" erneut aufgegriffen. Besonders im Recht der Erbengemeinschaft, das als zu schwerfällig kritisiert wird, sieht man seit langem Reformbedarf. Dabei ist das Recht der Erbengemeinschaft in der Praxis ständig relevant. Und gerade die Aufteilung des Nachlasses, der sich häufig als komplexes Vermögen darstellt, bedeutet oft genug eine große Herausforderung. Wie sagte schon Benjamin Franklin: "If you want to know the true character of a person, divide an inheritance with him." Der vorliegende Beitrag will auf reformbedürftige Aspekte der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft hinweisen.
I. Die geltende Regelung und ihre Nachteile
1. Privatautonome Gestaltung
Das BGB hält für die inhaltliche Ausgestaltung der Erbauseinandersetzung eine Regelung vor: die §§ 2046–2057 a, 2042 II iVm den §§ 752–756. Sie hat den Charakter einer Auffangregelung und ist für die Miterben disponibel: Diese können über die Ausgestaltung der Erbauseinandersetzung freie Vereinbarungen treffen. Erbauseinandersetzung ist nach der Intention des Gesetzes daher in erster Linie ein Akt privatautonomer Gestaltung. Entsprechende Vereinbarungen der Miterben – Erbauseinandersetzungsvereinbarungen – kommen zustande, wenn alle Miterben zustimmen. Mehrheitsentscheidungen genügen in diesem Rahmen nicht.
Es mag Miterben häufig gelingen, die Auseinandersetzung auf diese Weise einvernehmlich und sachgerecht durchzuführen. Viele Beispiele aus der Rechtsprechung zeugen aber davon, dass – mitunter sehr heftige – Erbstreitigkeiten nicht unüblich sind und es nicht gelingt, einen Auseinandersetzungsplan aufzusetzen, dem alle Miterben zustimmen können.
2. Nachlassgerichtliches Vermittlungsverfahren (freiwillige Gerichtsbarkeit)
Unterstützend sieht unsere Rechtsordnung ein amtliches Vermittlungsverfahren vor, das in den §§ 363–372 FamFG geregelt ist (vor der FGG-Reform 2009: §§ 86–98 FGG). Zuständig ist gem. § 363 I FamFG das Nachlassgericht (funktional zuständig: der Rechtspfleger, § 3 Nr. 2 c) RPflG); kraft landesrechtlicher Bestimmung kann anstelle oder neben dem Gericht der Notar zuständig sein. Das Gericht beurkundet in diesem Verfahren einzelne Vereinbarungen der Miterben, insbesondere über die Art der Teilung (§ 366 I FamFG). Es fertigt einen Auseinandersetzungsplan an, sobald nach Lage der Sache die Auseinandersetzung stattfinden kann (§ 368 I 1 FamFG). Eine Erbauseinandersetzungsvereinbarung kommt zustande, wenn alle Beteiligten diesem Plan zustimmen.
In der Praxis führt das Vermittlungsverfahren eher ein Schattendasein, auch wenn aus der Anwaltschaft durchaus gelegentlich die Anregung zu hören ist, dass man es öfter nutzen sollte. Als nachteilig wird empfunden, dass dieses Verfahren eben ein reines Vermittlungsverfahren darstellt und als solches bereits am Widerspruch auch nur eines Miterben scheitert (§§ 363 ff FamFG). Ein Vorzug besteht immerhin darin, dass es die Möglichkeit zur Fristsetzung bietet und Präklusionsregeln enthält: Säumige Miterben werden nach den §§ 366 III, 368 II FamFG so behandelt, als hätten sie zugestimmt. Sofern also ein Miterbe die Auseinandersetzung durch schlichtes Nichtstun blockiert, kann durch das Vermittlungsverfahren daher etwas in Gang gesetzt werden, denn in irgendeiner Weise reagieren muss der Miterbe nun. Auch bietet das Verfahren den Vorteil, dass es – wenn es erfolgreich durchgeführt wird – mit einem vollstreckbaren Beschluss abgeschlossen wird: Ein Auseinandersetzungsplan, dem alle Miterben zugestimmt haben, wird nämlich wiederum vom Gericht beurkundet und durch Beschluss bestätigt (§ 368 I 2, 3 FamFG); aus diesem Beschluss kann dann nach Rechtskraft die Zwangsvollstreckung stattfinden (§ 371 II FamFG). Außerdem ist das Vermittlungsverfahren regelmäßig kostengünstiger als ein streitiges Verfahren. Als Vorteil wird schließlich gesehen, dass ein qualifizierter Nachlassrichter als "neutrale" Person streitschlichtend wirken und den Beteiligten Kompromissvorschläge unterbreiten kann. Das gilt es de lege ferenda weiter auszubauen.