Die ordnungsgemäße Amtsführung des Testamentsvollstreckers (§§ 2203, 2216 I BGB) verlangt von ihm zu Beginn die Nachlasssichtung und -sicherung mittels Inbesitznahme (§ 2205 Satz 2 BGB) und Konstituierung unter Absonderung des Nachlasses vom Privatvermögen der Erben und der Schaffung einer Sondermasse ohne Verfügungsrecht der Erben, § 2211 BGB. Dieser Entzug des Nachlasses versetzt den Testamentsvollstrecker in die Lage, u. a. seiner Pflicht zur unverzüglichen Erstellung des Nachlassverzeichnisses nachzukommen, § 2215 BGB, ohne dass ihn der Erbe hierzu auffordern muss. Oftmals wird daher der Testamentsvollstrecker den besten Überblick über den Nachlass haben, wie es seiner rechtlichen Herrschaft über den Nachlass entspricht.
Gerade bei schwierigen Nachlässen oder konfliktträchtigen Familiensituationen ist aber womöglich nicht die am Einzelfall zu orientierende Unverzüglichkeit der Verzeichniserstellung nach den §§ 2215, 121 I BGB das Problem, sondern die starre 6-Wochen-Frist des § 1944 I, II BGB zur Ausschlagungsentscheidung, die allein dem Erben trotz fehlender Nachlassherrschaft zusteht.
Daher muss der Testamentsvollstrecker seine Pflichten nach § 2215 I BGB, seine Auskunfts- und Rechenschaftspflichten sowie Anhörungs- und Warnpflichten gemäß § 2218 I BGB ggf. auch dazu nutzen –, vor allem und wenn möglich über Erstellen und Mitteilen des Nachlassverzeichnisses binnen der Ausschlagungsfrist – den Erben die Grundlagen für eine Ausschlagungsentscheidung rechtzeitig an die Hand zu geben, sofern dies im Einzelfall noch möglich ist. Denn das Nachlassgericht setzt mit der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen die Ausschlagungsfrist gemäß § 1944 II 2 BGB von Amts wegen in Gang ohne Rücksicht auf den Amtsantritt des Testamentsvollstreckers oder darauf, ob und inwieweit die Nachlasssichtung und -konstituierung schon begonnen wurde. Auch hier muss der Testamentsvollstrecker ggf. auf der Hut sein und frühzeitig den – dokumentierten – Kontakt zu Erben und Nachlassgericht suchen, um Haftungsrisiken zu vermeiden.
Zeichnet sich ab, dass der Nachlass begründeten Anlass zur Ausschlagung gibt, wird man als vorsichtiger Testamentsvollstrecker zur Haftungsvermeidung nicht umhin können, die Erben frühzeitig vorab zu informieren, auch wenn das Nachlassverzeichnis noch nicht erstellt ist. Denn die Auskunftspflicht des Testamentsvollstreckers bedarf wie die Pflicht zur Verzeichniserstellung nach § 2215 I BGB keiner Aufforderung und ist grundsätzlich umfassend angelegt: Der Erbe muss "seine jeweilige Rechtsposition und tatsächliche Stellung während der Zeit der Testamentsvollstreckung stets richtig und vollständig beurteilen" können und hat "Anspruch darauf, auch gegenüber dem Testamentsvollstrecker immer auf der Höhe der Zeit" zu sein.“ Zwar gibt es durch den Verweis auf § 666 BGB in § 2218 I BGB die Schranke der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit; für die Testamentsvollstreckung aber wird man im Vergleich zum Regelfall des § 666 BGB schon mit Blick auf die zusätzliche gesetzliche Regelung in § 2215 I BGB von strengeren Maßstäben ausgehen müssen. In solchen Situationen nicht vollständig und dauernd zu informieren sowie auf einen (stillschweigenden) Verzicht des Erben auf das Nachlassverzeichnis zu bauen ("es wird schon gut gehen"), der (gemeint: Verzicht) zudem nicht ausschließt, dass der Erbe das Nachlassverzeichnis später doch noch verlangen kann, wäre wohl eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers.
Ist der Erbe zugleich Pflichtteilsberechtiger, ermöglicht der Testamentsvollstrecker mit seiner schnellen und umfassenden Information dem Erben auch die Entscheidung nach § 2306 BGB. Ein zusätzliches oder erhöhtes Haftungsrisiko dürfte aber hier eher unwahrscheinlich sein, weil die Nachlassgefährdung zunächst unmittelbar die Erbenstellung betrifft und die Erfüllung der Informations- und Warnpflichten hierzu auch für den aus der ausgeschlagenen Erbenstellung fließenden Pflichtteilsanspruch maßgebend sein muss. Im Übrigen würde man die eh schon umfangreichen Pflichten des Testamentsvollstreckers überspannen, bürdete man ihm auch noch die Pflicht auf, den pflichtteilsberechtigten Erben über die Rechtslage zu § 2306 BGB aufzuklären – denn die Ausschlagungsentscheidung ist allein Sache des Erben.