Der Kläger macht im Wege der Stufenklage pflichtteilsrechtliche Ansprüche nach dem Tod der am 8.7.2021 mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in V. verstorbenen N. (nachfolgend: Erblasserin) geltend.
Die Erblasserin war bei ihrem Tod von ihrem Ehemann geschieden. Die Parteien sind die beiden einzigen Kinder der Erblasserin.
Die Erblasserin verfasste handschriftlich folgendes Testament:
Zitat
Testament
Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte lege ich hiermit meinen letzten Willen fest. Das gilt für den Fall, daß ich nicht aus meinem Urlaub zurückkomme.
Als Alleinerbin für mein Haus V., X-Str. 1, setze ich meine Tochter ein, da mein Sohn das Haus X-Str. 2 von meinem Mann überschrieben wurde.
Sollten im Rahmen von Erbauseinandersetzungen zwischen meinen Kindern Schwierigkeiten entstehen, können meine Enkelkinder J. und T. ebenfalls Ansprüche auf das Haus X-Str. 1 erheben und zwar in Höhe von insgesamt DM 25.000,–. Als Gegenleistung brachte mein geschiedener Schwiegersohn Material und Umbauarbeiten ein, die bis heute nicht bezahlt wurden und für seine Kinder angerechnet werden sollten.
Die Lebensversicherungen gehen zu gleichen Teilen an meine Kinder.
Das Postsparbuch von ca. DM 13.000,– soll meine Tochter für Haus-Reparaturen erhalten (Nr. 01234).
Das Sparbuch Nr. 56789 gehört meiner Mutter.
Minki soll nicht in fremde Hände, laßt sie einschläfern.
Ich möchte ein kleines pflegeleichtes Urnengrab.
V., den 5.3.1998
N.
10.2.99 2000
N.
Das Testament wurde von der Erblasserin erstmals mit Datum vom 5.3.1998 und nochmals mit Datum vom 10.2.2000 unterzeichnet.
Die Erblasserin war sowohl nach dem 5.3.1998 als auch nach dem 10.2.2000 im Urlaub, wobei sie den Urlaub im Jahr 2000 mit ihrem Enkel T. verbrachte.
Bis zu ihrem Tod hat sie kein anderslautendes Testament errichtet und auch keine Änderungen mehr an dem Testament vom 10.2.2000 vorgenommen.
Das Testament, welches die Beklagte nach dem Erbfall beim Nachlassgericht ablieferte, wurde vom Nachlassgericht am 27.7.2021 eröffnet und dem Kläger mit Schreiben vom selben Tag bekannt gegeben.
Der Kläger hat zu Protokoll des Nachlassgerichts am 6.9.2021 die Erbschaft aus jedem Berufungsgrund ausgeschlagen.
Die Erblasserin war bei ihrem Tod Eigentümerin des Hausgrundstücks X-Straße 1. Dabei handelt es sich um den überwiegenden Wert des Nachlasses.
Der Kläger ließ die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 20.10.2021 unter Fristsetzung zum 5.11.2021 zur Vorlage eines Nachlassverzeichnisses auffordern.
Der Kläger ist der Ansicht, das Testament vom 5.3.1998/10.2.2000 gelte für den eingetretenen Erbfall und enthalte eine Teilungsordnung hinsichtlich des Hauses sowie weitere ihn belastende Anordnungen. Über die Teilungsanordnung habe die Erblasserin die Beklagte "praktisch als Alleinerbin" eingesetzt. Gegebenenfalls sei aufgrund seiner Ausschlagung sein nichtehelicher Sohn Miterbe neben der Beklagten geworden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
I. in der ersten Stufe
1. Auskunft über den Bestand des Nachlasses
über sämtliche Aktiva wie Immobilien, Schmuck, Kfz, Teppiche, Münzen, Kunstgegenstände, Fotoapparate, Mobiliar, Wertpapiere, Bankkonten, Barvermögen, Beteiligungen, etc. und
über die Passiva wie z.B. Darlehensverbindlichkeiten oder sonstige Verbindlichkeiten gegenüber Banken oder Dritten, Beerdigungskosten etc.
sowie über Schenkungen der Erblasserin innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall (§ 2325 BGB) sowie über ausgleichungspflichtige Zuwendungen i.S.v. §§ 2316, 2050 ff. BGB,
der am 8.7.2021 verstorbenen N. zu erteilen,
2. den Wert des im Grundbuch von V. Blatt 1234 eingetragenen Hausgrundstücks X-Straße 1, V., durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens zum Stichtag des 8.7.2021 zu ermitteln,
II. in der zweiten Stufe zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie nach bestem Wissen den Bestand des Nachlasses so vollständig angegeben hat, als sie dazu im Stande ist,
III. in der dritten Stufe an den Kläger den Pflichtteil i.H.v. ¼ des sich aus der Auskunft ergebenden Nachlasswerts zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, das Testament habe nur für Urlaube im Jahr 1998 und 2000 gegolten. Es sei gesetzliche Erbfolge eingetreten. Der Kläger sei deshalb nicht durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen. Aufgrund der erklärten Erbausschlagung, die den ihm angefallenen gesetzlichen Erbteil erfasse, könne er keinen Pflichtteil nach § 2306 BGB geltend machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.