Damit der Anspruchsgegner des Zuziehungsrechts richtig bestimmt werden kann, bedarf es einer Darstellung der im Zusammenhang mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses entstehenden Rechtsbeziehungen. Oftmals werden die einzelnen Rechtsbeziehungen zwischen Pflichtteilsberechtigtem, Erben und Notar – nicht nur in der Praxis – nicht sauber auseinandergehalten. Dadurch fehlt es zwangsläufig an einer trennscharfen Grenzziehung der den jeweiligen Beteiligten zustehenden Rechten und Pflichten.
1. Rechtsbeziehungen zwischen Pflichtteilsberechtigtem und Erben
Mit dem Erbfall entstehen beim pflichtteilsberechtigten Nichterben alle Ansprüche aus den §§ 2303 ff. BGB – folglich auch die Ansprüche aus § 2314 BGB. Anspruchsgegner sind die Erben. Die schuldrechtlichen Ansprüche hat er gegenüber den Erben geltend zu machen. Dem pflichtteilsberechtigten Nichterben steht es nicht zu, seine Ansprüche selbst zu erfüllen, indem er bspw. einen Sachverständigen zur Wertermittlung (§ 2314 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) oder einen Notar zur Errichtung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 S. 3 BGB) beauftragt. Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Nachlass dürftig (§ 1990 BGB) ist. Die Dürftigkeit des Nachlasses entbindet den Erben nicht von der Verpflichtung zur Auskunft nach § 2314 BGB. Der Erbe kann lediglich die Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses verweigern, solange der Pflichtteilsberechtigte sich nicht für die Kosten des notariellen Verzeichnisses stark sagt. Das privatschriftliche Nachlassverzeichnis kann der Erbe in diesem Fall jedoch nicht verweigern.
Der Erbe hat ein vollständiges und ordnungsgemäßes Nachlassverzeichnis zu errichten. Dafür hat er sich vollumfänglich Kenntnis über den Nachlass zu beschaffen, insb. indem er Wissen zum Nachlass bei Dritten einholt. Der Erbe trägt – und zwar unabhängig von den Pflichten des Notars dem Erben gegenüber und der hierzu ergangenen (bisweilen uferlosen) Rechtsprechung – die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten. Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB hat der Erbe auf Verlangen des pflichtteilsberechtigten Nichterben die eidesstattliche Versicherung abzugeben. Der § 260 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass der Verpflichtete die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt hat. Entgegen der Ansicht der bisher überwiegenden Meinung ist der BGH zu der Auffassung gelangt, dass der Erbe zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Bezug auf die vollständige Auskunft auch dann verpflichtet ist, wenn die Auskunft durch ein notarielles Verzeichnis erteilt wurde. Der Notar sei lediglich eine Hilfsperson des Erben und liefere nur die Form des Verzeichnisses. Der Erbe macht sich den Inhalt des notariellen Nachlassverzeichnisses zu eigen, indem er dieses dem Pflichtteilsberechtigten vorlegt. Möchte sich ein Erbe inhaltlich von einem notariellen Nachlassverzeichnis ganz oder teilweise distanzieren, so hat dies spätestens bei der Abgabe der Versicherung an Eides statt zu erfolgen.
2. Rechtsbeziehung zwischen Erbe und Notar
Der Erbe beauftragt den Notar mit der Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Jeder Notar ist verpflichtet, einen entsprechenden Auftrag ordnungsgemäß und zeitnah auszuführen. Mit dem Zugang des Ersuchens auf Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses entsteht das Rechtsverhältnis zwischen Erbe und Notar. Aus der Auftragserteilung ergibt sich zudem die Kostenschuldnerschaft des Erben (§ 29 Nr. 1 GNotKG).
Der Notar hat nach eigenem Ermessen den Nachlass selbstständig zu ermitteln und diesen vollumfänglich und richtig in einem geordneten Nachlassverzeichnis d...