Gem. Art. 1 des deutsch-französischen Abkommens über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft (im Weiteren: Abk.) steht der Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft allen Ehegatten zur Verfügung, deren Güterstand dem Sachrecht eines Vertragsstaates unterliegt. Damit hat die Kommission, die mit dem Entwurf des Abkommens beauftragt war, darauf verzichtet, den internationalen Anwendungsbereich des Abkommens selbstständig zu bestimmen. Vielmehr wird in Bezug auf den internationalen Geltungsbereich auf das Kollisionsrecht der Mitgliedstaaten – im vorliegenden Fall also Frankreich und Deutschland – verwiesen. Dies entspricht der Sichtweise, dass man "komplizierte kollisionsrechtliche Lösungen" vermeiden sollte, indem man ein einheitliches Sachrecht schafft. In der Tat ergeben sich auch in der Praxis Fallkonstellationen, in denen das kollisionsrechtliche Ergebnis auf diese Weise dahingestellt bleiben kann:
Leben deutsche Verlobte zum Zeitpunkt der Heirat in Frankreich, so gilt aus deutscher Sicht gem. Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1 EGBGB deutsches Recht als Güterstatut. Aus französischer Sicht gilt gem. Art. 4 des für Frankreich seit dem 1. September 1992 in Kraft getretenen Haager Ehegüterrechtsabkommens vom 14. März 1978 das französische Wohnsitzrecht. Haben die Eheleute den Wahlgüterstand vereinbart, so gilt dieser unabhängig davon, ob deutsches oder französisches Recht Güterstatut ist.
Eindeutig zu lösen sind weiterhin die Fälle, in denen Eheleute deutscher Staatsangehörigkeit in Deutschland leben oder französische Eheleute ihren Wohnsitz in Frankreich haben. Hier fehlt zwar möglicherweise jeder Bezug zum anderen Abkommensstaat oder gar zum Ausland allgemein. Dennoch ist hier aber der Anwendungsbereich des Abkommens eröffnet, denn dieses verlangt ausschließlich die Geltung des Rechts eines Abkommensstaates als Güterstatut, damit der Anwendungsbereich eröffnet ist. Der Wahlgüterstand stellt sich damit als zusätzliche Option zu den bereits im französischen code civil bzw. im deutschen BGB kodifizierten Wahlgüterständen dar – und könnte gut auch in diese Gesetzbücher als zusätzlicher Wahlgüterstand (in das deutsche BGB also als "Wahl-Zugewinngemeinschaft" und in das französische Recht als "Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft-II") übernommen werden.
Die kollisionsrechtliche Vorprüfung wird durch das Abkommen dennoch nicht entbehrlich. Insbesondere führt der Verzicht auf Kollisionsnormen dazu, dass in einigen Fällen aus Sicht des Rechts eines der Vertragsstaaten das Recht eines Drittstaates Güterstatut sein kann, sodass Entscheidungsdivergenzen möglich bleiben:
Leben deutsche Verlobte bei Heirat in den Niederlanden und verziehen sie ein Jahr später nach Frankreich, so ist aus deutscher Sicht die anlässlich des Umzugs erfolgte Vereinbarung des Wahlgüterstands wegen der Geltung des gemeinsamen deutschen Heimatrechts für ihre güterrechtlichen Beziehungen gem. Art. 15 iVm Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1 EGBGB wirksam. Aus französischer Sicht dagegen würde das niederländische Wohnsitzrecht gelten (Art. 4 Haager Ehegüterrechtsabkommen). Da das niederländische Recht den Wahlgüterstand (noch) nicht kennt, hinge die Wirksamkeit der Vereinbarung des Güterstands also davon ab, ob ein deutsches oder ein französisches Gericht über die güterrechtliche Auseinandersetzung entscheidet. Hier zeigt sich eine massive konzeptionelle Schwäche des Abkommens. Weil sich dieses primär an die Eheleute in einer "internationalen" Beziehung wendet, kann die vorliegende Konstellation nicht als "außergewöhnlich" gelten.
Aber selbst dann, wenn die Gerichte beider Staaten zur Geltung entweder des deutschen oder des französischen Rechts kommen und lediglich Differenzen darüber bestehen, welches dieser beiden Rechte gilt, kann es zu Problemen kommen. Zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit dem Güterrecht werden in dem Abkommen nicht geregelt (wie z. B. der Abschluss des Ehevertrags). Hier ist also ergänzend auf die Regeln des nationalen Güterrechts zurückzugreifen. Auch bei Anwendung des Abkommens in beiden Staaten ist also nicht gewährleistet, dass auch das Ergebnis der Rechtsanwendung stets gleich ist (s. u.).
Wegen der unterschiedlichen Rangfolge beim Verhältnis von Wohnsitz- und Staatsangehörigkeitsanknüpfung bei der "objektiven" Anknüpfung des Ehegüterstatuts (da im französischen Recht bei der Stufenanknüpfung genau umgekehrt wie im deutschen zunächst an den gemeinsamen Wohnsitz bei Eheschließung und erst subsidiär an die gemeinsame Staatsangehörigkeit angeknüpft wird, spricht man insoweit auch bildlich von einem "Sprossentausch") besteht im Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich weiterhin eine erhebliche Gefahr für Differenzen bei der Bestimmung des auf die güterrechtlichen Beziehungen anwendbaren Rechts.
Immerhin sind aber die Optionen für eine ehevertragliche Rechtswahl in Art. 3 und 6 des Haager Güterrechtsabkommens nahezu wörtlich identisch mit Art. 15 Abs. 2 EGBGB. Ein Unterschied ergibt sich allerdings insoweit, als di...