1. Die Zusammenhänge zwischen Steuerschuld und Haftung sind bekannt. Hier genügt also eine Skizze: Die Erbschaftsteuer ist eine persönliche Schuld des Erben, nicht eine Schuld des Nachlasses oder der Erbengemeinschaft.
Nach gefestigter hM stellt sie allerdings als sog. Erbfallschuld eine Nachlassverbindlichkeit dar und gem. § 20 Abs. 3 ErbStG haftet der Nachlass für die Erbschaftsteuer bis zur Auseinandersetzung im Sinne des § 2042 BGB. Diese "Sicherungsmaßnahme zug. des Fiskus" soll sicherstellen, dass "das noch im ungeteilten Nachlass gebundene gemeinsame Vermögen der Miterben als Haftungsgrundlage für die Erbschaftsteuer zur Verfügung steht" (so wörtlich Meincke aaO). Dieses fiskalische Haftungsprivileg führt übrigens dazu, dass der gesamte Nachlass für jede Erbschaftsteuerschuld aller Erben haftet, die persönliche Steuerschuld (s. o.) also sozialisiert wird.
2. Von der Haftung des Nachlasses gem. § 20 Abs. 3 ErbStG, die zu beachten der Testamentsvollstrecker verpflichtet ist, ist die (persönliche) Haftung des Testamentsvollstreckers zu unterscheiden. Sie setzt gem. § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG voraus, dass er die ihn treffende Pflicht, für die Zahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen, verletzt hat. Dabei wird § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG als lex specialis gegenüber § 34 AO angesehen.
Der Grund für die Regelung des § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG liegt in der (alleinigen) Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über den Nachlass. Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass aus diesem Grunde der Testamentsvollstrecker in der Lage ist, den geschuldeten Steuerbetrag aus dem Nachlass zu entnehmen.
Andere Autoren sehen den Grund für die persönliche Haftung des Testamentsvollstreckers in seiner Inempfangnahmebefugnis gem. § 32 ErbStG.
3. Die Pflichtverletzung eines Testamentsvollstreckers und die daraus resultierende persönliche Haftung setzt also die Verteilung des Nachlasses an die Erben voraus und den Tatbestand, dass der Fiskus deshalb bei den Erben die Erbschaftsteuerschuld (ganz oder teilweise) nicht mehr erheben kann. Gem. § 219 S. 1 AO ist es nicht erforderlich, dass der Fiskus zunächst gegen den Erben vollstreckt. Der Testamentsvollstrecker ist also Haftungsschuldner. Gem. § 191 Abs. 1 AO könnte er durch einen Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die eigentliche Haftung ergibt sich aus § 69 AO.
4. Ob dies alles auch bei Vorliegen von Nachhaftungstatbeständen wirklich gilt, wird noch zu erörtern sein. Zweifel sind erlaubt, wie das folgende Beispiel aus der täglichen Praxis einer Testamentsvollstreckung zeigt: Im Nachlass für die vier Erben ist eine Kommanditbeteiligung vorhanden. Die von Gesetzes wegen erfolgte Teilerbauseinandersetzung bezüglich des Kommanditanteils hat zur Folge, dass dem Testamentsvollstrecker ein Teil, eventuell sogar der größte Teil des Vermögens (schon vor Amtsantritt!) entzogen war und mithin auch dem fiskalischen Haftungsprivileg entzogen ist. Soll er nach vielen Jahren für die Nachsteuer einstehen?