Rz. 30
Nach § 20 Abs. 3 ErbStG haftet der Nachlass bis zur Auseinandersetzung gem. § 2042 BGB für die Steuer der am Erbfall Beteiligten. Die Nachlasshaftung ist auf den ungeteilten Nachlass beschränkt, weil jeder Miterbe nach der Auseinandersetzung frei über das ihm angefallene Vermögen verfügen kann. Ein Miterbe soll nicht deshalb mit seinem Vermögensanfall dafür haften müssen, dass ein anderer Miterbe seinen Anteil aus der Auseinandersetzung noch vor der Bezahlung der Erbschaftsteuer verbraucht hat.
§ 20 Abs. 3 ErbStG regelt eine Sachhaftung des ungeteilten Nachlasses, die die persönliche Erbschaftsteuerschuld der Beteiligten, die hierfür grundsätzlich auch mit ihrem Privatvermögen einstehen müssen, unberührt lässt. Die Erbschaftsteuer des einzelnen Erben ist eine Erbfallschuld i. S. d. § 1967 Abs. 2 BGB, für die die Beschränkung der Erbenhaftung gem. § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB nicht greift. Der Erbe als primärer Steuerschuldner ist grundsätzlich vor dem Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann jedoch zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit eine Vollstreckung in den ungeteilten Nachlass vorrangig sein, wenn die Vollstreckung für den Erben als Steuerschuldner übermäßig belastend wäre.
Im Nachlassinsolvenzverfahren kann der Erbe seine Haftung gem. § 325 InsO auf seinen Erwerb beschränken, sodass das FA die Erbschaftsteuer als Insolvenzforderung im Nachlassinsolvenzverfahren anzumelden hat und diese nicht mehr gegen den Erben persönlich geltend machen bzw. in sein Privatvermögen vollstrecken kann. Betragsmäßig erstreckt sich die Nachlasshaftung auch auf die erhöhte Erbschaftsteuer, die sich aufgrund der Zusammenrechnung mit Vorerwerben gem. § 14 ErbStG ergibt; auch diese ist "Steuer" i. S. d. § 20 Abs. 3 ErbStG.
Rz. 31
Bei einer Teilauseinandersetzung durch Ausscheiden einzelner Nachlassgegenstände soll sich die Nachlasshaftung auf den verbleibenden ungeteilten Nachlass beschränken. Bei der persönlichen Teilauseinandersetzung durch vollständiges Ausscheiden einzelner Miterben soll die Nachlasshaftung für die Erbschaftsteuer des ausgeschiedenen Miterben entfallen.
Rz. 32
§ 20 Abs. 3 ErbStG beschränkt die Nachlasshaftung auf die am Erbfall Beteiligten. Dies sind zunächst die Erben. Zweifelhaft ist hingegen, ob auch eine Nachlasshaftung für die Steuer der Vermächtnisnehmer, Erbersatzanspruchsberechtigten und Pflichtteilsgläubiger besteht. Die Gesetzesbegründung und die dadurch ausgelöste Komplizierung der Nachlassteilung sprechen gegen eine derart weite Auslegung des § 20 Abs. 3 ErbStG. Gewichtiger erscheint jedoch der Wortlaut des § 20 Abs. 3 ErbStG, der für eine entsprechende Erstreckung der Nachlasshaftung angeführt werden kann.
Rz. 33
Bei Erwerben gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG kommt eine Haftung gem. § 20 Abs. 3 ErbStG nicht in Betracht, da der Begünstigte hier nicht von Todes wegen, sondern aufgrund eines Vertrags unter Lebenden erwirbt.
Rz. 34
Verfahrensrechtlich kann die Nachlasshaftung gem. §§ 77, 191 AO durch Erlass eines Duldungsbescheids gegenüber denjenigen durchgesetzt werden, die (z. B. als Miterben oder Testamentsvollstrecker) den Nachlass in Besitz haben.
Rz. 35–39
einstweilen frei