Leitsatz
1) Haben sich nach § 1762 BGB aF BGB die Wirkungen der Annahme auf die Abkömmlinge des Angenommenen erstreckt, verbleibt es bei Inkrafttreten des AdoptG bei der allgemeinen Regelung des Art. 12 § 1.
2) Die Wirkungen der Erstreckung auf die Abkömmlinge des Angenommenen beschränken sich auf diejenigen der Volljährigenadoption. Eine Verwandtschaftsbeziehung zu den Verwandten des Annehmenden wird nicht begründet.
OLG Hamm, Beschluss vom 1. Juni 2011 – I-15 Wx 61/11
Sachverhalt
Der Erblasser war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Das von ihm im Jahr 2005 errichtete notarielle Testament widerrief er im Jahr 2008 durch ein zweites notarielles Testament.
Die Eltern des Erblassers, die Eheleute F2 und F3, hatten am 2.12.1946 den am 23.6.1946 in N geborenen Vater der Beteiligten zu 1), F4, durch Kindesannahmevertrag als gemeinschaftliches Kind an Kindes Statt angenommen. Den Kindesannahmevertrag genehmigte das AG Mannheim am 22.9.1946. Die Beteiligte zu 1) ist am 6.4.1973 geboren.
Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 10.8.2009 beantragte die Beteiligte zu 1), ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin nach dem Erblasser F5 ausweist. Diesen Antrag wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 26.1.2010 zurück. Die hiergegen eingelegte weitere Beschwerde wies das Landgericht mit Beschluss vom 26.11.2010 zurück. Hiergegen richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 14.1.2011 eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG, Art 111 FG-ReformG statthaft und auch sonst zulässig.
Das Rechtsmittel ist aber unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts in der Sache nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 FGG.
Der Vater der Beteiligten zu 1) war im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Gerichtsbeschlusses des AG Mannheim 22.9.1946 über die Genehmigung des Adoptionsvertrags minderjährig und vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.1977 volljährig. Demnach ist für den vorliegenden Fall folgende Rechtslage maßgeblich:
1) Nach dem bis zum 31.12.1976 geltenden Recht war das angenommene Kind gemäß § 1757 BGB aF mit dem Annehmenden in gerader Linie verwandt und erlangte deshalb gegenüber dem Annehmenden das Erb- und Pflichtteilsrecht aus den §§ 1924, 2303 BGB. Die Adoption erstreckte sich aber nicht auf die Verwandten des Annehmenden, § 1763 BGB aF. Das bedeutet, dass der Vater der Beteiligten zu 1) mit den ihn annehmenden Eheleuten F2 und F3 verwandt und ihnen gegenüber erbberechtigt ist, diese Verwandtschaft sich aber nicht auch auf deren Sohn F5, den Erblasser, erstreckt.
Die Wirkung der Adoption erstreckte sich nach § 1762 S. 1 BGB aF auch auf die später, d. h. nach der Adoption geborenen Abkömmlinge des angenommenen Kindes. Daher ist die am 6.4.1973 geborene Beteiligte zu 1) nach der alten Rechtslage zwar mit den Eheleuten F2 und F3 verwandt, nicht aber mit dem Erblasser.
2) Zum 1.1.1977 hat sich die Rechtslage dahin geändert, dass das angenommene minderjährige Kind den leiblichen Kindern des Annehmenden gleichgestellt wird und daher mit dem Annehmenden und dessen Verwandten mit Wirksamwerden des Gerichtsbeschlusses über die Genehmigung des Adoptionsvertrags verwandt wird, § 1754 BGB. Das angenommene Kind hat daher gegenüber den neuen Verwandten die erbrechtlichen Ansprüche aus den §§ 1925 ff BGB.
Diese sie begünstigende Wirkung der neuen Gesetzeslage könnte die Beteiligte zu 1) für sich nur in Anspruch nehmen, wenn die im Adoptionsgesetz vom 2.7.1976 (BGBl I 1749) in Art. 12 geregelte Umstellung unter altem Recht begründeter Adoptionsverhältnisse dies zulässt.
Nach Art. 12 § 1 Abs. 1 AdoptG werden auf das Annahmeverhältnis die neuen Vorschriften über die Annahme Volljähriger angewandt, wenn, wie hier, der Angenommene am 1.1.1977 volljährig ist. Dies gilt aber nur, soweit sich nicht aus Abs. 2 bis 6 derselben Vorschrift etwas anderes ergibt.
a) Abs. 3 der Vorschrift betrifft das Namensrecht, Abs. 4 die erbrechtlichen Verhältnisse, wenn der Erblasser vor dem 1.1.1977 gestorben ist, und Abs. 6 die Aufhebung der Adoption (Aufhebungshindernisse nach § 1761 Abs. 1 BGB und Fristen nach § 1762 BGB). Diese Ausnahmefälle greifen hier nicht ein, ebenso nicht Abs. 5, wonach das Erbrecht des angenommenen Kindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen bleibt, wenn dies in dem Annahmevertrag so gemäß § 1767 BGB aF vereinbart war.
b) Art. 12 § 1 Abs. 2 AdoptG greift hier ebenfalls nicht ein. Danach werden auf einen Abkömmling des angenommenen Kindes, auf den sich die Wirkungen der Annahme an Kindes Statt nicht erstreckt haben, die Wirkungen der Annahme nicht ausgedehnt. Da aber die Beteiligte zu 1) nach der Adoption ihres Vaters durch die Eheleute F2 und F3 geboren wurde, hatte sich die Adoption auch auf die Beteiligte zu 1) erstreckt, § 1762 S. 1 BGB.
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beteiligten zu 1), die meint, Abs. 2 greife ein, weil sie am 1.1.1977 erst 3 Jahre alt und damit minderjährig gewesen sei. Dabei bleibt nämlich unberücksichtigt, dass die Überga...