Auch das OLG Schleswig hat zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen möglicher steuerlich motivierter Volljährigenadoptionen in der jüngeren Vergangenheit dezidiert Stellung bezogen.
In der Sache sollte die Anzunehmende durch ihren Stiefvater adoptiert werden. Das OLG Schleswig gelangte zu der Überzeugung, dass zwischen beiden ein Eltern-Kind-Verhältnis noch nicht entstanden ist. In diesem Zusammenhang führte das OLG Schleswig – unter Berufung auf Frank – obiter dictum wörtlich aus: "Wenn bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden wäre, wäre die Adoption allerdings sittlich gerechtfertigt, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedürfte. Insbesondere käme es nicht darauf an, ob ein konkreter Einzelzweck mit der Adoption verbunden ist, der nicht familienbezogen ist, sondern zum Beispiel im Bereich des Steuerrechts oder des Ausländerrechts liegt." Im Nachgang hierzu befasste sich das OLG Schleswig dann mit der Frage, ob eine sittliche Rechtfertigung der Volljährigenadoption in dem zu entscheidenden Fall dennoch in Betracht kommt, und führte aus: "Wenn kein bereits bestehendes Eltern-Kind-Verhältnis festzustellen ist, kommt eine sittliche Rechtfertigung im Sinne des § 1767 BGB auch dann in Betracht, wenn lediglich zu erwarten ist, dass ein solches Verhältnis zukünftig entstehen wird und ein familienbezogenes Motiv der entscheidende Anlass für die Annahme ist. Die Volljährigenadoption ist dagegen nicht gerechtfertigt, wenn wirtschaftliche oder ausländerrechtliche Zwecke Hauptmotiv für die Annahme sind." Schließlich gelangte das OLG Schleswig weiter zu der Überzeugung, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu erwarten ist. Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den wörtlich zitierten Beschlusspassagen.
Ob sich das OLG Schleswig aufgrund der Reaktionen im Schrifttum auf die Entscheidung des OLG München und drohender Missverständnisse – wie sie wohl auch der Entscheidung des OLG Nürnberg zugrunde liegen – zu seinem obiter dictum veranlasst sah, bleibt ungewiss. Die Entscheidung des OLG Schleswig ist aber in jeden Fall zu begrüßen; sie verdient eine größere Wahrnehmung in der Fachöffentlichkeit. Das OLG Schleswig gibt einen zutreffenden Leitfaden, wie mögliche steuerliche oder sonstige adoptionsfremde Motive im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung einer Volljährigenadoption zu behandeln sind. Die wichtige Prüfung, ob bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist, wird vorangestellt. Erst nachdem ein solches zur Überzeugung des Gerichts nicht feststeht, wird geprüft, ob die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu erwarten ist und ob ein familienbezogenes Motiv entscheidender Anlass für die Annahme ist.